Landeshauptstadt: Bei den Sternen
Richtfest für Observatorenhaus „Villa Kepler“ in Babelsberg / Mieter wehrt sich gegen Modernisierung
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Babelsberg - Zwei Villen auf dem zum Weltkulturerbe gehörenden Gelände der ehemaligen Königlichen Sternwarte Babelsberg werden derzeit umfangreich und denkmalgerecht saniert. Die von der Tübinger Firma Sax Concept Systembau so bezeichnete „Villa Kopernikus“ ist bereits fertig, die „Villa Kepler“ unmittelbar daneben werde „im Juni fertig“, sagte Bauleiter Thomas Greiner den PNN. Für das nach dem Entdecker der Planetenbewegungen benannte ehemalige Wohnhaus für die Mitarbeiter der Sternwarte wird heute um 12 Uhr das Richtfest gefeiert.
Die Benennung der beiden Villen mit den Namen von berühmten Astronomen sei allein wegen der besseren Vermarktung erfolgt, kritisiert dagegen Mieter Günter Möstl. Als die Gebäude noch zur Sternwarte gehörten, hätten sie einfach nur „B3“ und „B4“ geheißen.
Der ehemalige Physiker an der Sternwarte ist eine von drei Mietparteien in der „Villa Kepler“. Der jetzige Rentner wohnt seit 34 Jahren in dem Haus und wehrt sich juristisch gegen eine Modernisierung seiner Wohnung (PNN berichteten). Er habe sie selbst modernisiert, darüber hinaus gehende Arbeiten lehnt er ab. So soll seine Wohnung einen 54 Zentimeter schmalen Balkon und eine Gaube erhalten, was ihm monatliche Mietmehrkosten von 235,92 Euro bescheren würde.
Auf das Angebot, während der Haussanierung eine Ausweichwohnung zu nehmen, ging Möstl nicht ein. „Zehn Tage vor Weihnachten“ hätten Bauarbeiter mit dem Abdecken des Daches begonnen (PNN berichteten). Vor Schnee und Kälte schützte lediglich eine Plane. Und immer wieder fällt die Heizung aus, zuletzt am Mittwoch dieser Woche. „Die haben versucht, mich mit einem Nervenkrieg rauszukriegen“, sagt der ehemalige Wissenschaftler, der 42 Jahre lang am Zentralinstitut für Astrophysik, dem heutigen Astrophysikalischen Institut, arbeitete.
1996 seien die Gebäude in das Eigentum des Landes Brandenburg übergegangen, das sie vor knapp zwei Jahren an die Firma Sax Concept Systembau verkauft hat, erklärte Möstl. Unter dem Slogan „Wohnen bei den Sternen“ standen die beiden 1914 erbauten Wohnhäuser bis vor kurzem für jeweils 1,6 Millionen Euro auf dem Immobilienmarkt zum Verkauf. Wie der Architekt Eric van Geisten gestern sagte, sind die Observatorenhäuser inzwischen „teilweise weiterverkauft“. Laut Greiner sind in der „Villa Kopernikus“ bereits vier der sechs Zwei- und Dreizimmerwohnungen vermietet, in der „Villa Kepler“ seien es drei von sechs Wohnungen. Die Vermarktung erfolgt durch die Agentur Dahler & Company Potsdam.
Van Geisten bestätigte gestern „behutsame Eingriffe“ in die Bausubstanz. Es werde beziehungsweise wurde jeweils ein kleiner Balkon und auf jeder Seite eine zusätzliche Gaube angebracht. Wie der Potsdamer Architekt vom Büro van Geisten und Marfels sagte, wurden die Häuser früher von jeweils einem „Observator“ und seiner Familie bewohnt. Im Dachgeschoss befand sich ein Mädchenzimmer. Da die Astronomen in der Nacht arbeiteten und tagsüber schliefen, seien die Schlafzimmer wegen des besseren Schallschutzes mit Doppeltüren versehen gewesen.
Hauptaufgabe seiner Arbeit sei der Dachgeschossausbau für zwei kleine Wohnungen, so van Geisten. Dafür seien Dachlamellenfenster vorgesehen, die die Dachstruktur erhalten. Van Geisten würdigte die erfolgte Wiederherstellung des die Häuser umgebenden 15 000 Quadratmeter großen Parks, der einst von Baurat Eggers Ende 1913 im Jugendstil geplant worden sein soll. Die durch die wachsende Großstadt völlig umbaute Berliner Sternwarte wurde in diesem Jahr auf den Babelsberg verlegt. Maßgeblichen Anteil am Umzug hatte Direktor und Astronom Karl Hermann Struve, nach dem nun in Bornim eine neue Straße benannt werden soll.
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