Landeshauptstadt: Bei Solarzellen: Baudenkmale nicht auslassen Klimaforscher: Viel Platz auf Potsdams Dächern
Ein Solarboot an der Langen Brücke, auf dem Menschen tanzen und durch ihre Bewegungen selbst die Energie für die Partybeleuchtung erzeugen – das ist ein Wunschtraum von Prof. Dr.
Stand:
Ein Solarboot an der Langen Brücke, auf dem Menschen tanzen und durch ihre Bewegungen selbst die Energie für die Partybeleuchtung erzeugen – das ist ein Wunschtraum von Prof. Dr. Fritz Reusswig. Denn Klimaschutz sei keine lästige Pflicht, sondern solle Spaß machen. Der Potsdamer Klimafolgenforscher bereitet mit einem Beirat eine Klimaschutzstrategie für die Landeshauptstadt vor. Ziel sei ein langfristiger Stadtumbau bis hin zu einer hundertprozentigen Versorgung mittels alternativer Energien. Zunächst gelte es aber, bis 2020 eine 20-prozentige Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu erreichen. Dazu hat sich Potsdam verpflichtet.
Reusswig war am Donnerstagabend im Haus der Natur Teilnehmer einer Podiumsdiskussion „Solarzellen für Sanssouci? Neue Energie für die Stadt“. Der Titel war als Provokation gedacht, doch der Weg zur Strom- und Wärmeversorgung aus alternativen Energien kann die Baudenkmale nicht außen vor lassen. Dies wird für Potsdam ein Problem, denn statt deutschlandweit durchschnittlich drei bis vier Prozent besteht es zu 19 Prozent aus solchen Denkmalen. Stadterneuerungschef Oliver Graumann wies darauf hin, dass es in Potsdam gelungene Beispiele für die energetische Sanierung von Baudenkmalen gibt, etwa der Umbau der ehemaligen Ruinenberg-Kasernen zu Wohnungen.
Damit waren Prof. Reusswig und die Vorsitzende des Potsdamer Solarvereins, Sophie Haebel, aber nicht recht zufrieden. Eine Analyse hat ergeben, dass in der Stadt jede Menge Dächer vorhanden sind, auf denen Solaranlagen installiert werden könnten. Damit wäre sogar der Eigenbedarf aller Potsdamer Haushalte zu decken. Reusswig will davon die Baudenkmale nicht ausnehmen. Das Barock selbst, aus dem sie mehrheitlich stammen, sei eine Zeit besonders rigoroser Eingriffe in die alte Bausubstanz gewesen. Ironisch malte er ein Szenario, wonach Solaranlagen im Bornstedter Feld verboten werden, weil ihr Blinken die Sichtachse vom Pfingstberg stören würde.
Die Denkmalpflege konnte sich nicht wehren, denn sie saß nicht im Podium. Andere Teilnehmer gaben sich moderater. Als Vertreter der Wohnungsunternehmen forderte David Eberhart vor Eingriffen in ein Baudenkmal eine Abstimmung zwischen Sanierern und Denkmalpflegern. Für die Stadt sagte Graumann für jeden Fall eine Einzelprüfung zu. Der Architekt Christian Keller warnte davor, durch solche Eingriffe die Einmaligkeit Potsdams zu zerstören. Bei der energetischen Sanierung seien die Baudenkmale auch gar nicht der ausschlaggebende Punkt. Am besten gelinge dies in großen Mehrgeschossern, also auch der Platte, wo viele Menschen zusammenleben. In Potsdam seien diese Bauten schon zu einem großen Teil modernisiert. Drewitz könne mit der Umwandlung in eine Gartenstadt zu einem Modell für eine neuzeitliche Plattensiedlung werden. Erfreulicherweise sei auch der Neubau von Geschosswohnungen in Bahnhofsnähe und dicht an der Innenstadt wieder aufgenommen worden.
Prof. Reusswig stellte klar, dass die Ergebnisse seiner Untersuchungen eine Entscheidungshilfe für die politischen Verantwortungsträger sind. Die Stadtverordneten haben das letzte Wort. Der Klimaforscher schlägt vor, im Internet jedes Potsdamer Haus mit seinen Möglichkeiten und Grenzen energetischer Sanierung darzustellen. Dies könne für Investitionen eine wichtige Hilfe sein. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: