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Aus dem GERICHTSSAAL: Beihilfe zu Unrecht bezogen?

Arbeitsagentur hätte Einzelfall prüfen müssen

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Benjamin B. (21, Name geändert) ist wegen Sozialbetruges angeklagt. Er soll knapp 2000 Euro Berufsausbildungsbeihilfe zu Unrecht bezogen haben. Schon bald wird allerdings klar, der junge Mann passt nicht in das gängige Schema. Sein Fall animiert Staatsanwaltschaft und Gericht sogar zu einer längeren juristischen Debatte. Am Ende der Verhandlung wird das Verfahren gegen den künftigen Restaurantfachmann eingestellt. Vorsätzlicher Betrug, so Jugendrichterin Rita Franke, sei dem jungen Mann aus ihrer Sicht nicht nachzuweisen. „Möglicherweise hätte die Arbeitsagentur den konkreten Einzelfall prüfen müssen“, führt sie aus.

Benjamin B. wurde während seiner Lehre sehr schwer krank. Sobald es die langwierige Behandlung zuließ, er sich einigermaßen fit fühlte, besuchte der Potsdamer die Berufsschule. Dann waren da auch noch die eigene Wohnung, die bezahlt werden musste, das Einkaufen, die Wäsche. Obwohl die Mutter ihrem Sohn nach Kräften half, fühlte Benjamin B. sich zeitweise überfordert. Eigentlich wusste er gar nicht, ob er überleben würde. „Ich habe einfach nicht daran gedacht, die Arbeitsagentur von meiner Krankschreibung zu informieren“, erzählt der Angeklagte. Deshalb sei ihm vom 1. April bis zum 13. September 2006 Berufsausbildungsbeihilfe von insgesamt 1912,53 Euro überwiesen worden. Jetzt fordert die Arbeitsagentur den überzahlten Betrag von Benjamin B. zurück. Dagegen legte er Widersprach ein.

„Wir wollen gegen diese Entscheidung vor dem Sozialgericht klagen“, äußert die Mutter des Angeklagten im Zeugenstand. Nach dem Einspruch ihres Sohnes habe er eine ziemlich böse Antwort erhalten. „Benjamin hat trotz seiner Erkrankung weiter an der Ausbildung teilgenommen. Er musste die Fahrtkosten zur Berufsschule tragen. Ich sehe nicht, dass er das Geld zu Unrecht bekommen hat“, wirft sie ein.

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe zeichnet ein durchweg positives Bild des jungen Mannes. „Er versucht seinen Weg trotz der schweren Erkrankung zu gehen. Das Verfahren stellt eine zusätzliche Belastung für ihn dar. Aus Unkenntnis und Überforderung hat er die Behörde nicht von seiner Krankschreibung informiert“, betont sie. Das Gericht glaubt ebenfalls nicht, dass sich Benjamin B. bereichern wollte. „Hätte nicht sogar ein Anspruch auf Beihilfe bestanden, wenn er die Berufsschule weiter besuchte?“, stellt die Vorsitzende in den Raum. „Von der Logik her schon“, meint die Staatsanwältin. Doch diese Frage muss im Gerichtssaal nicht geklärt werden. Benjamin B. versichert, falls die Agentur doch einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes habe, werde er dem selbstverständlich nachkommen. Hoga

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