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Homepage: Beitrag zur Renaissance des Judentums
Der Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs, Walter Homolka, über den langen Weg zur Jüdischen Theologie an einer deutschen Uni
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Der Titel war Programm. „Durch Wissen zum Glauben?“ hatte Rabbiner Walter Homolka seinen Vortrag über den Kampf, Jüdische Theologie an einer deutschen Universität zu etablieren, überschrieben. Der Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs gehört zu den zentralen Figuren, die sich intensiv für dieses Ziel eingesetzt haben. Nun, am kommenden Dienstag, wird an der Universität Potsdam die „School of Jewish Theology“ offiziell eröffnet; was seit 2001 das Geiger-Kolleg als An-Institut geleistet hat, nämlich liberale Rabbiner und Rabbinerinnen auszubilden, wird nun fest in der deutschen Universitätslandschaft verankert.
Im Rahmen der „DenkMahl“-Reihe, mit der die Universität in populärer Weise auf ihre Forschungsarbeiten aufmerksam machen will, sprach Homolka unlängst über die Genese der Jüdischen Theologie an den deutschen Hochschulen. Bereits 1836 hatte der zum Reformjudentum zu zählende Abraham Geiger betont, dass einzig eine jüdisch-theologische Fakultät an einer Universität sicherstelle, dass die jüdische Theologie „wahrhaft ihre Geltung als Wissenschaft zu behaupten vermöge“. Zwar gehöre die Theologie zu den Gründungsfundamenten so ziemlich jeder Universität, führte Homolka aus, gemeint war aber immer die christliche Theologie, was bis in das 19. Jahrhundert hinein dem Selbstverständnis des Staates entsprach, der die Universitäten alimentierte.
Diese „Platzhirschposition“ wurde in der Bundesrepublik grundsätzlich erst durch die „Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen“ des Wissenschaftsrates von 2010 aufgehoben. Die bislang übliche Praxis, Judaistik überwiegend im Rahmen christlich-theologischer Fakultäten anzubieten, lehnte der Wissenschaftsrat als nicht sachgerecht ab und empfahl eine Verlagerung dieser Professuren in die Kulturwissenschaftlichen bzw. Philosophischen Fakultäten.
Potsdam war hier Vorreiterin, denn der vor 19 Jahren eingerichtete Studiengang Jüdischen Studien wurde innerhalb der Philosophischen Fakultät als ein interdisziplinärer angelegt. Ohne eigenes Institut oder wenigstens einen eigenen Lehrstuhl zwar, aber in Kooperation mit dem Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien entwickelte sich ein dezidiert kulturwissenschaftliches Forschungscluster mit einer betont säkularen Ausrichtung. Das Abraham-Geiger-Kolleg war bislang, so Homolka, nur Gast in diesem Studiengang, der die akademischen Grundlagen für die Rabbinerausbildung absicherte. Mit der neuen Struktur würde die Ausbildung ganz grundsätzlich neu organisiert. Die neu zu berufenden, dann insgesamt sieben Professoren der Schule, seien nicht nur konfessionell gebunden, sondern böten alle nötigen Fachrichtungen für eine fundierte jüdisch-theologische Ausbildung.
Der in freier Rede gehaltene Vortrag, der einen umfassenden historischen Überblick zur jüdischen Theologie in Deutschland bot, zeichnete sich durch die erkennbare Involviertheit des Referenten in die beschriebenen Prozesse aus. Was sich nicht zuletzt in der zum Teil flapsigen Redeweise niederschlug, wenn Homolka etwa bemerkte, dass sich in Potsdam Anfang der 1990er-Jahre Professoren verschiedener Fachrichtungen „zusammengerottet“ hätten, um die Jüdischen Studien zu ermöglichen, die schließlich die Grundlage bilden sollten für die Ansiedlung der Jüdischen Theologie.
In der anschließenden Diskussion mit den nicht sehr zahlreich erschienenen Potsdamern, begründete Homolka die Beschränkung auf die Ausbildung liberaler und konservativer Rabbiner, da die verschiedenen Strömungen im Judentum eben auch verschiedene theologische Ansätze verfolgten. Grundsätzlich gäbe es nur sehr wenige Rabbiner-Ausbildungsstätten weltweit. Die Potsdamer Ausbildung habe den Vorteil, dass sie keine Studiengebühren verlange und damit nicht nur für osteuropäische, sondern überhaupt für alle Juden außerhalb Nordamerikas attraktiv sei. Somit leiste die „School of Jewish Theology“, deren angestrebte Unterrichtssprache Englisch sein wird, einen wichtigen Beitrag zur Renaissance nicht nur des deutschen Judentums. Lene Zade
Lene Zade
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