
© Andreas Klaer
Sport: Benbennek folgt auf Demuth
Der neue SVB-Coach will mehr Offensivfußball, die Vereinsführung spricht von neuen Konzepten
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Christian Benbennek ist neuer Trainer des Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03. Der 39-Jährige wird Nachfolger Dietmar Demuths, der am Montag überraschend beurlaubt worden war (PNN berichteten). Am Dienstagmittag wurde Benbennek auf einer Pressekonferenz im heimischen Karl-Liebknecht-Stadion offiziell als neuer Coach vorgestellt. Der Fußball-Lehrer, der einen Einjahresvertrag ohne Optionen auf Verlängerung unterschrieb, war 2008 als Trainer mit der U19 des VfL Wolfsburg Deutscher A-Jugend-Vizemeister geworden, stieg 2010 mit Eintracht Braunschweig II in die Regionalliga auf und ein Jahr später wieder ab. Im vergangenen Jahr war der in Munster geborene und derzeit noch in Braunschweig wohnende Niedersachse arbeitslos und als Scout unterwegs. „Dabei habe ich viele Spiele in der Dritten Liga gesehen, auch hier in Babelsberg beispielsweise die gegen Jena, Heidenheim, Unterhaching und Offenbach. Ich kenne also die Dritte Liga“, sagte Benbennek, der mit Frau und dreijähriger Tochter nach Babelsberg ziehen will.
Benbennek soll dem Babelsberger Fußball „mit einem neuen Konzept“, so SVB-Präsident Thomas Bastian, zu neuen Erfolgen führen. „Ich will nicht die ganze Welt verändern“, erklärte der neue Coach. „Es geht vor allem darum, dass die Mannschaft mit einer Offensive die bessere Strategie haben sollte, um ihr Spiel durchzuziehen. Alle 20 Mannschaften der Liga sind gut organisiert gegen den Ball, aber mit dem Ball kann man eigene Akzente setzen. Unser Ziel muss es sein, dies mit Babelsbergs Mentalität, leidenschaftlich und kämpferisch in jedem Spiel an die Grenzen zu gehen, zu paaren.“ Er wolle mit einem 22-köpfigen Kader in die neue Saison gehen, um jede Position doppelt besetzen zu können, strebe eine gute Mischung von Jung und Alt an und hoffe, zum Trainingsstart am 11. Juni bereits einen Großteil der Mannschaft beisammen zu haben. Darunter könnten einige Kicker sein, mit denen bereits Dietmar Demuth Kontakt aufgenommen hatte, mit anderen – auch bisherigen Nulldreiern – werde derzeit verhandelt. „Alle Drähte glühen heiß“, sagte Bastian. Acht Spieler haben noch bis 1213 oder 1214 gültige Verträge am Babelsberger Park.
Der Vereinschef erklärte die plötzliche Trennung von Dietmar Demuth mit Stagnationserscheinungen im letzten halben Jahr. „Wir haben zwar mit Platz 17 unser Minimalziel erreicht, um nicht abzusteigen. Wir waren aber nur 19. der Heimtabelle und haben unseren eigenen Zuschauern hier schlechte Spiele gezeigt. Auch im Landespokal wurden verheerende Spiele abgeliefert“, erklärte Thomas Bastian, der gestern etwas nebulös von „Störungen“ in der Mannschaft sprach, ohne diese präzise zu benennen. „Wir waren am Ende in einer Phase der Stagnation, die wir durchbrechen mussten“, sagte der Vereinschef. Und: „Dietmar Demuths Verdienste um den SV Babelsberg 03 sind unbestritten, der Verein hat ihm viel zu verdanken. Trotzdem war jetzt der Zeitpunkt da, etwas zu verändern.“
Demuth selbst zeigte sich enttäuscht von der Art und Weise der Trennung. „Mit Entlassungen aus unterschiedlichen Gründen muss man als Trainer immer leben“, sagte der 57-Jährige. „Aber ich bin sehr enttäuscht darüber, wie das hier ablief.“ Er wisse, „dass ich ein unbequemer Mensch bin“, so Demuth. „Aber solch ein Verhalten hatte ich dann doch nicht erwartet.“ Vor allem das Verhalten Thomas Bastians, der ihn im Vorfeld nicht von der Entlassung unterrichtet hatte, gehe ihm nahe. „Gerade nach den harten und intensiven Tagen im Mai vergangenen Jahres, als es um die Rettung des Vereins ging und wir fest zusammengestanden haben, hätte ich mehr Anstand erwartet. Ein kleines Gespräch unter vier Augen wäre sicherlich zu erwarten gewesen“, so der Ex-Coach.
SVB-Geschäftsführer Klaus Brüggemann begründete die Entscheidung für Benbennek mit dessen Analyse und Konzept. „Wir hätten viele prominente Namen präsentieren können“, erklärte Brüggemann. „Aber Christian Benbennek hat in Wolfsburg gezeigt, dass er junge Spieler entwickeln kann.“ Man habe auch die neue Nachwuchskonzeption, die der Öffentlichkeit in Kürze präsentiert werden soll, im Blick gehabt. Man werde dieses neue Vorhaben zunächst in der nächsten Woche mit den Trainern besprechen. Das neue Konzept sieht auch eine engere Verzahnung von B-Jugend, A-Jugend, U23 und 1. Mannschaft vor. „Es wird einen wöchentlichen Meinungsaustausch der Trainer und wöchentliche Trainingspläne geben, und auf Förderung und Individualtraining einzelner Spieler wird größeres Augenmerk liegen“, so der Geschäftsführer.
Demuths Beurlaubung sei nicht auf Druck der DKB-Bank – die seit einem Jahr als wichtigster Kreditgeber den SVB am Leben erhält – erfolgt, betonte Brüggemann. „Die DKB ist unser Bankpartner und nicht in das operative Geschäft des Vereins eingebunden“, so der Geschäftsführer. „Daher können und werden von ihr keine Forderungen gestellt.“ Zu im Internet-Fanforum des SVB über ihn kursierende Gerüchte erklärte Brüggemann, er habe keinerlei Schulden bei der DKB, nicht einmal ein Konto, bekäme kein Beraterhonorar bei der DKB und sei weder als Spielerberater tätig noch finanziell an Spielertransfers beteiligt. Thomas Bastian erklärte zum Vorwurf, der Geschäftsführer habe sich zu sehr in die sportlichen Belange der Drittliga-Mannschaft eingemischt, statt sich auf seine wirtschaftliche Aufgabe zu konzentrieren: „Man kann die wirtschaftliche Situation nicht ohne den sportlichen Aspekt betrachten. Beide Aspekte hängen eng zusammen, daher hat der Geschäftsführer auch das Recht nachzufragen. Und wir haben Klaus Brüggemann auch geholt, um seine Kontakte zu anderen Vereinen zu nutzen.“
Durch die Entlassung Dietmar Demuths kommen laut Geschäftsführer keine Mehrkosten auf den Verein zu; Demuth stehen für die neue Saison nach Pressemeldungen als Abfindung 150 000 Euro zu. „Wir haben einen durchgeplanten Etat, in dem die Summe enthalten ist“, erläuterte Brüggemann. „Die hätten wir auch zahlen müssen, wenn er weiter bei uns gearbeitet hätte. Extrakosten entstehen für unseren neuen Trainer, die aber nicht so hoch ausfallen und die wir auch dadurch auffangen, in dem wir im Etat woanders sparen werden.“ Die Entscheidung sei „kaufmännisch seriös betrachtet und behandelt“ worden. Und Vereinspräsident Thomas Bastian erklärte: „Wir planen für die Dritte Liga in dieser Saison mit weniger Geld als im Vorjahr. Das heißt nicht, dass wir jetzt einzelne Spieler grundsätzlich schlechter bezahlen. Aber die Spielergehälter sind in diesem Jahr in der Dritten Liga am Sinken.“ Der Etat für die kommende Saison sehe er nicht in Gefahr. „Gehen Sie davon aus, dass alles abgesichert ist, auch beim DFB, und dass wir da keine Probleme bekommen“, so Bastian. „Sonst hätten wir die Drittliga-Lizenz gar nicht erst angehen können. Dann hätten wir uns auch in anderen Fällen nicht bewegen können.“ Der SVB habe einen Finanzplan für drei Jahre, „und wir werden am Ende der drei Jahre so oder so abrechnen müssen, ob wir in richtiges Fahrwasser gekommen sind“, erklärte Bastian.
Für die Lizenz benötigen die Babelsberger auch ein funktionierendes Flutlicht, für das es im Karl-Liebknecht-Stadion seit Ende April keine Betriebsgenehmigung mehr gibt. „Die Gespräche dazu sind am Laufen“, erklärte Klaus Brüggemann. „Wir sind aber auf einem guten Weg und gehen vom heutigen Zeitpunkt davon aus, dass uns die Lizenz erteilt wird. Wir sind dabei, die Auflagen dafür zu erfüllen, und auch wegen des Flutlichts dabei, die Gespräche zu führen, um zeitnah zu Ergebnissen zu kommen. Die Prozesse laufen. Was Materialprüfung angeht, was andere Dinge angeht, was Lichtmessungen angeht, sind wir ganz normal im Plan.“
Zum Plan des neuen Trainers Christian Benbennek gehört, Almedin Civa in seine Arbeit einzubeziehen. Der 40-jährige Bosnier, der am Saisonende nach 291 Pflichtspielen für Nulldrei die Töppen an den Nagel hängte, ist als möglicher Sportlicher Leiter im Gespräch; diese Funktion hatte bislang ebenfalls Dietmar Demuth ausgeübt. „Ich halte Civa, mit dem ich gestern schon ein sehr langes Gespräch hatte, für sehr wichtig, und kann mir eine sehr gute Zusammenarbeit mit ihm vorstellen“, erklärte Benbennek. Offen ist noch, ob Ivan Assenov und Sebastian Rauch als Co- bzw. Torwarttraining eine Zukunft im Verein haben. Im Gespräch bei Nulldrei ist währenddessen Cem Efe, der von 2000 bis 2002 für den SVB in der Regionalliga und 2. Bundesliga in 25 Spielen zu insgesamt fünf Toren stürmte und jetzt als Coach des FC Hertha 03 Zehlendorf zum „Trainer des Jahres“ der Berlin-Liga gewählt wurde. Er soll möglicherweise die Rolle eines Koordinators für die B-Jugend- bis 1. Männermannschaft übernehmen.
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