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Landeshauptstadt: Bertiniweg: Interner Bericht listet zehn Konsequenzen auf Gutachten müssen aktuell sein / Justiziarin schätzte Vorkaufsrechte richtig ein – und wurde ignoriert

zieht die Stadt Konsequenzen aus der Bertiniweg-Affäre.

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Nauener Vorstadt - Nach außen hin macht die Potsdamer Stadtverwaltung im Fall Bertiniweg auf weiße Weste. Noch in der Antwort auf eine große Anfrage der CDU-Fraktion „neigt die Stadt dazu, ihre Schuld wegzuschieben“, schimpfte CDU-Fraktionschef Michael Schröder gegenüber den PNN. In einem internen Bericht des Oberbürgermeisters an die Stadtverordneten dürfte nun schon der Titel des den PNN vorliegenden Berichts mehr nach dem Geschmack des CDU-Fraktionschefs sein: „Informationen über Verantwortlichkeiten und Maßnahmen bezüglich der Vorkaufsrechte Bertiniweg“.

In dem Papier heißt es, ein Bericht des Rechnungsprüfungsamtes sei Anlass, „weitere Prüfungen zur Optimierung des Grundstücksmanagements der Landeshauptstadt Potsdam durchzuführen“. Ein Zehn-Punkte-Katalog listet „Änderungen“ im städtischen Service-Bereich Recht und Grundstücksmanagement auf, die „durch Verfügung“ eingeführt werden .

Neben Allgemeinheiten wie der Gewährleistung des Vier-Augen-Prinzips bei Verkaufsverhandlungen beinhalten die zehn Punkte auch direkte Konsequenzen aus dem Bertiniweg-Skandal. So heißt es: „Das Auswahlverfahren für Verkehrsgutachter wurde angepasst.“ Und weiter: „Es soll jeder Anschein vermieden werden, dass eine ,tendenziöse’ Begutachtung beauftragt wird.“ In einem anderen Punkt heißt es, „das Aktualitätserfordernis für Entschädigungs- und Verkehrswertgutachten werde in einer „bereichsinternen Richtlinie ... zur Vorgabe gemacht“. Im Fall Bertiniweg war insbesondere ein Gutachten über den Wert der Grundstücke von den Stadtverordneten stark beargwöhnt worden.

Im April 2011 hatte die Stadt Potsdam 11 600 Quadratmeter am Bertiniweg an die BTW GmbH verkauft. Der Kaufpreis betrug 875 000 Euro, der Quadratmeterpreis 75,40 Euro. Zum Vergleich: Der Bodenrichtwert für das Areal in der Nauener Vorstadt lag zum Zeitpunkt des Verkaufs bei 290 Euro pro Quadratmeter. Eine Gutachterin im Auftrag der Stadt rechnete – noch von veralteten 240 Euro pro Quadratmeter ausgehend – den Verkaufswert durch Abzug möglicher Kosten für die Käufer auf 100 Euro pro Quadratmeter herunter. Das Ergebnis: 1,2 Millionen Euro für die fast 12 000 Quadratmeter. Ein zweites Gutachten ermittelte, dass für die „Absiedlung“ der Anwohner und Bungalowbesitzer vor Ort eine Entschädigungssumme von knapp einer halben Million Euro zu zahlen sei. Diese Summe wurde vom Grundstückspreis abgezogen, womit die Stadt auf einen Verkehrswert von 712 500 Euro kam. Da die BTW GmbH mit 875 000 Euro sogar 162 500 Euro mehr bot, erhielt sie den Zuschlag. Umgehend brachte die BTW GmbH abgetrennte und erschlossene Teilgrundstücke für bis zu 450 Euro pro Quadratmeter auf den Markt, die ihr bei Verkauf 1,690 Millionen Euro einbringen, wie es in der CDU-Anfrage heißt.

Der interne Bericht des Oberbürgermeisters beleuchtet auch, wie es zu der falschen juristischen Einschätzung kommen konnte, wonach den Bewohnern des Bertiniweges keine Vorkaufsrechte für ihre Einfamilienhäuser zustehen. Die Stadt verneinte die Existenz dieser Vorkaufsrechte – und zog mit dieser Auffassung vor dem Amtsgericht als auch in der Revision vor dem Landgericht Potsdam den Kürzeren. Der interne Bericht ist in diesem Punkt brisant: Demnach hatte „die für das Grundstücksrecht zuständige Justiziarin“ zunächst den richtigen juristischen Riecher. In einem im August 2010 erstellten und unterschriebenen Vermerk bejahte sie die Existenz dieser Vorkaufsrechte – und verneinte die Möglichkeit des Wegfalls der Vorkaufsrechte nach dem Investitionsvorranggesetz. So sahen es die Gerichte im Herbst 2011 auch.

Verwaltungsintern durchsetzen konnte sich dann laut Bericht jedoch der Bereich Grundstücksmanagement – Nutznießer der eigenen juristischen Auffassung – mit einer „eigenständig durchgeführten nochmaligen Prüfung“ – und ebnete so den Weg in das juristische Debakel.

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