
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Bertiniweg-Streit noch nicht beendet
Anwohner prüfen Schadensersatzforderung / Stadtverwaltung verteidigt umstrittene Wertermittlung
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Nauener Vorstadt - Die Stadt Potsdam kann den umstrittenen Verkauf von Grundstücken am Bertiniweg möglicherweise doch noch nicht zu den Akten legen. Zwar konnten drei Eigenheim-Besitzer ihre Grundstücke nun kaufen. Dessen ungeachtet prüft mindestens eine Anwohnerfamilie derzeit aber, Schadenersatz gegen die Stadt Potsdam in Höhe von mehr als 100 000 Euro geltend zu machen. Die Stadtverwaltung selbst sieht indes nicht, beim Verkauf der Grundstücke Fehler begangen zu haben, so der Tenor in der Antwort der Stadt auf eine große Anfrage der CDU/ANW-Stadtfraktion, die den PNN vorliegt. So heißt es in der Antwort: „Fehler bei der Wertermittlung konnten nicht festgestellt werden.“
Hintergrund ist der Verkauf von knapp 12 000 Quadratmeter Grundstücken im Frühjahr 2011. Die Stadt hatte die Grundstücke am Bertiniweg an die Potsdamer BTW GmbH verkauft. Der Kaufpreis betrug 875 000 Euro. Das entspricht einem Quadratmeterpreis von 75,40 Euro. Zwei Aspekte machte den Grundstücksverkauf zum Politikum und zum Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Vorermittlungen und juristischer Auseinandersetzungen: Zum einen wurde der Kaufpreis von Kritikern als ungewöhnlich niedrig angesehen. So geht die Bodenrichtwertkarte für das Jahr 2011 bereits von 290 Euro pro Quadratmeter aus. Die Käufer, die BTW, boten zudem Teile der Gesamtfläche im Internet für bis zu 450 Euro pro Quadratmeter zum Kauf an. Der Stadtverordnete Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis) erklärte im Oktober 2011, es liege seitens der Stadt „hochgradiger Dilettantismus oder Korruption“ vor. Die staatsanwaltschaftlichen Vorermittlungen führten aber nicht zu einem Anfangsverdacht.
Zum anderen waren mit Eigenheimen bebaute Pachtgrundstücke verkauft worden, ohne mögliche Vorkaufsrechte der Bewohner zu beachten. Die Eigenheimbewohner klagten und siegten in einstweiligen Verfahren vor dem Amtsgericht und dem Landgericht. Daraufhin wuchs der politische Druck insbesondere auf den Finanzbeigeordneten Burkhard Exner (SPD). Dieser versprach daraufhin, die Interessen der Anwohner zu berücksichtigen. Infolgedessen durften drei Eigenheim-Bauer nun ihre Grundstücke von der BTW GmbH zum Preis von 75,40 Euro pro Quadratmeter kaufen – jenem Preis, zu dem die Stadt an die BTW GmbH verkaufte. „Das ist in trockenen Tüchern“, hieß es gestern von Seiten einer Anwohner-Familie. Und: „Es gibt keinen Grund, unzufrieden zu sein.“ Anfang Juli erfolge die Eigentumsumschreibung. Gleichwohl würden Schadensersatz-Ansprüche gegen die Stadt Potsdam geprüft. Die Rechtsargumentation des Anwohner-Vertreters ist kompliziert: Die Stadt habe nicht nur das Grundstück an die BTW GmbH verkauft, sondern auch das darauf stehende Haus, das ihr gar nicht gehöre – eine Situation, die bei akkurater Umsetzung der Vorkaufsrechte nicht entstanden wäre.
Wie die Stadtverwaltung in ihrer Antwort an die CDU/ANW-Fraktion betonte, seien die Vorkaufsrechte von zwei Justiziaren unabhängig voneinander geprüft und verneint worden. Angesichts der juristischen Niederlagen hatte Exner gegenüber den PNN erklärt, Vorkaufsrechte von Altpächtern künftig „besonders zu berücksichtigen“.
Besonderes Augenmerk der Anfrage gilt der umstrittenen Preisbildung. In der Weiterveräußerung von Teilgrundstücken zum mehrfachen des an die Stadt gezahlten Preises sieht die Verwaltung kein Problem. Es habe sich bei der Gesamtfläche um Rohbauland gehandelt, „wogegen im Anschluss von den Käufern Baugrundstücke weiterverkauft werden sollten“. In ihrer Fragestellung hatte die CDU/ANW-Fraktion mit Ausrufungszeichen festgestellt, dass die BTW GmbH 1,690 Millionen Euro für den Verkauf von 4487 Quadratmeter einnehmen will – „ohne wesentliche wertverbessernde Maßnahmen an den Grundstücken vorzunehmen“. Dazu die Stadtverwaltung: Es sei „legitim und üblich“, dass ein Käufer versucht, „Teilflächen eines Areals schnellstmöglich zu vermarkten“.
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