Landeshauptstadt: Berufsarmee statt Wehrdienst Oberbürgermeister im Adventsgespräch mit Zivis und Soldaten
Ist die Wehrpflicht noch notwendig, oder wird eine Berufsarmee den neuen Herausforderungen, so bei den Auslandseinsätzen, nicht besser gerecht? Diese Frage bestimmte gestern Nachmittag das Adventsgespräch, zu dem Oberbürgermeister Jann Jakobs Vertrauensleute der Zivildienstleistenden, der Soldaten im Grundwehrdienst und Reservisten eingeladen hatte.
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Ist die Wehrpflicht noch notwendig, oder wird eine Berufsarmee den neuen Herausforderungen, so bei den Auslandseinsätzen, nicht besser gerecht? Diese Frage bestimmte gestern Nachmittag das Adventsgespräch, zu dem Oberbürgermeister Jann Jakobs Vertrauensleute der Zivildienstleistenden, der Soldaten im Grundwehrdienst und Reservisten eingeladen hatte. Dabei prallten die Meinungen durchaus aufeinander. Während die „Zivis“ eine freie Entscheidung für oder gegen den Dienst mit der Waffe favorisierten, verwies Oberst Axel G. Loewe, der als Kommandeur des Verteidigungsbezirkskommandos (VBK) 84 gleichzeitig Potsdamer Standortältester der Bundeswehr ist, auf das Grundgesetz. Danach stelle die Wehrdienstverweigerung die Ausnahme dar, die nur aus Gewissensgründen möglich ist. Dass es diese Ausnahme gibt, dafür sei die Bundeswehr aber stets eingetreten, ergänzte der Vorsitzende des fast 1000 Mitglieder umfassenden Landesverbandes der Reservisten, Oberst d. R. Manfred Hillenbrand. Hingewiesen wurde auch darauf, dass die Verweigerer heute nicht mehr hochnotpeinlichen Befragungen durch Kommissionen ausgesetzt werden, sondern eine stichhaltig begründete schriftliche Erklärung in der Regel für die Freistellung ausreicht. Die Zivis nannten England und Frankreich als Vorbilder, in denen bereits Berufs- die Wehrpflichtarmeen abgelöst haben. In den USA wurde die Wehrpflicht „eingefroren“, kann aber in Gefahrensituationen reaktiviert werden. Oberst Loewe setzte dagegen, dass eine Berufsarmee dazu neigt, sich von der Gesellschaft abzuschotten und zum „Staat im Staate“ zu werden. Dafür liefere die deutsche Geschichte warnende Beispiele, fügte Oberbürgermeister Jann Jakobs hinzu. Eine Abschaffung der Wehrpflicht ziehe zwingend auch die Auflösung des Zivildienstes nach sich, wodurch das System der sozialen Fürsorge für alte, kranke und behinderte Menschen gefährdet würde. In diesem Zusammenhang würdigte der Oberbürgermeister das Engagement und die vorbildlichen Leistungen der Zivis gerade auf diesem Gebiet. Jakobs hatte 1972 selbst den Dienst mit der Waffe verweigert. Heute habe sich seine Einstellung zur Bundeswehr geändert – auch unter dem Eindruck der hohen Belastungen, die die Soldaten bei ihren friedenssichernden Einsätzen im Ausland auf sich nehmen. So hätten die Matrosen der Fregatte „Brandenburg“, die mit Potsdam partnerschaftlich verbunden ist, von den letzen 15 Monaten 12 im Einsatz verbracht. In Potsdam habe sich nach anfänglichen Vorbehalten in den letzten Jahren das Verhältnis zur Bundeswehr normalisiert. Dies soll auch durch die Wiederbelebung des geselligen „Brandenburg-Abends“ sichtbar gemacht werden, auf dem sich Soldaten und Zivilisten treffen. Diese Entwicklung sehen die gestern im Rathaus vertretenen Soldaten wohl auch, denn sie führten nicht über ein feindseliges Verhalten der Bevölkerung Klage, sondern über schlechte Verkehsorganisation, fehlende Parkplätze – und dass der Weihnachtsmarkt so früh schließt E.HOH
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