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Landeshauptstadt: Beschäftigte feuern Warnschuss ab Potsdamer Mitarbeiter von Electrolux im Streik
Babelsberg - Bundesweiter Warnstreik beim schwedischen Elektrogerätehersteller Electrolux. Auch in der Potsdamer Vertriebs- und Service-Niederlassung des AEG-Nachfolgers an der Wetzlarer Straße ging am Freitagmorgen für rund zwei Stunden nichts mehr.
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Babelsberg - Bundesweiter Warnstreik beim schwedischen Elektrogerätehersteller Electrolux. Auch in der Potsdamer Vertriebs- und Service-Niederlassung des AEG-Nachfolgers an der Wetzlarer Straße ging am Freitagmorgen für rund zwei Stunden nichts mehr. Rund 40 der dort insgesamt 53 Beschäftigten beteiligten sich an der kurzzeitigen Arbeitsniederlegung. Hintergrund sind die aktuellen Tarifverhandlungen zwischen der deutschen Electrolux-Zentrale in Nürnberg und der IG Metall. Die Gespräche seien ins Stocken geraten, begründete gestern Bernd Thiele, erster Bevollmächtigter der IG Metall für Potsdam, den Streikaufruf. „Die große Beteiligung zeigt, wie enttäuscht die Belegschaft von der Haltung der Unternehmensführung ist.“
Gestreikt wurde gestern nach Unternehmensangaben an bundesweit fünf „kleineren Kundendienst-Standorten“. Warnstreiks seien zwar von den Betriebsräten in den Raum gestellt worden, sagte Electrolux-Sprecherin Elisabeth Lokai-Fels in Nürnberg den PNN. „Die Aufrufe aber haben uns überrascht.“ Es bestehe gar kein Grund, mit einem Streik über die Medien „Druck aufzubauen“, so Lokai-Fels. „Wir haben ein faires Angebot vorgelegt und wollen zum Abschluss kommen.“
Das sehen Gewerkschaft und Mitarbeiter anders. Insgesamt beschäftigt Electrolux in Deutschland knapp 2000 Mitarbeiter. Produziert wird nur noch im mittelfränkischen Rothenburg ob der Tauber. Die IG Metall fordert eine Gehaltserhöhung um 4,2 Prozent rückwirkend zum Jahresbeginn sowie weitere 2,7 Prozent ab 1. April und damit „lediglich“ die Rückkehr zum Flächentarif der Branche. Seit rund fünf Jahren gilt für alle Vertriebs- und Service-Standorte in Deutschland einen Haustarif, ausgenommen ist das Rothenburger Werk. Das aktuelle Angebot der Geschäftsleitung von 1,8 Prozent mehr Lohn ab April und einem weiteren Prozent zum 1. Juli lehnen die Service-Beschäftigten als unzureichend ab.
Besonders auf die Palme bringt die Mitarbeiter, dass das Unternehmen derzeit nach eigenen Angaben Rekordgewinne erzielt, aber offenbar nur die Beschäftigten kein Geld übrig hat. Der Electrolux-Konzern verbesserte 2010 seinen Nettogewinn um 53 Prozent gegenüber 2009. „Wir arbeiten für die Gewinne der Eigner und werden noch benachteiligt“, schimpfte gestern auch Hans-Joachim Heidemann. Seit 1972 arbeitet der Berliner für die AEG, zog vor mehr als zehn Jahren mit Electrolux nach Potsdam um. „Das ist mein erster Warnstreik. Bisher war das nie nötig“, meinte Heidemann. „Aber egal, man muss für seine Sache kämpfen“, gab sich der 55-Jährige gestern entschlossen. Matthias Matern
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