
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: „Besseres haben wir nicht zu bieten“
Beim Stadtforum zur Bebauung der Alten Fahrt meldeten sich Verlierer des Auswahlverfahrens kritisch zu Wort
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Aufbegehren der Verlierer: Der Potsdamer Arzt Stefan Dörfer hat das „Stadtforum“ am Donnerstagabend im Treffpunkt Freizeit zu einer Fundamentalkritik am Bieterverfahren für die Alte Fahrt genutzt. Dörfer ist der Sprecher einer Gruppe von 20 Ärzten, die in der Humboldtstraße1/2 – wo einst das Palasthotel stand – ein Ärztehaus errichten wollten. Im Bieterverfahren erhielt jedoch die niederländische Baufirma Kondor Wessels den Zuschlag.
Dörfer macht nun geltend, dass sein nachgereichter, zweiter Architekturvorschlag im Expertengremium Gestaltungsrat die höchste Punktzahl erhalten habe. Beim Kaufpreis läge das Ärzte-Angebot nur 17 Prozent unter dem von Kondor Wessel gebotenen Grundstückskaufpreis. Dörfer: „550 Euro pro Quadratmeter haben wir geboten. Das ist verdammt viel.“ Der Siegerentwurf von Kondor Wessels habe ein Staffelgeschoss und Tiefgaragen-Einfahrten; ihm jedoch sei von Jury-Mitglied Urs Kohlbrenner noch geraten worden, das Ärzte-Angebot sollte diese Merkmale besser nicht aufweisen.
Dörfer zieht in Zweifel, dass unter der Ägide von Kondor Wessels wie von der Firma konzipiert ein Ärztehaus an der Alten Fahrt entstehen werde. „Von uns zieht da keiner ein“, proklamierte Dörfer. Er habe Briefe an die Stadtverordneten geschickt, in denen er 30 000 Patienten in die Waagschale wirft, die von den 20 Ärzten behandelt würden. Dörfer droht gleichsam mit dem Wegzug der 20 Ärzte aus Potsdam.
„Sie missbrauchen die Veranstaltung, um doch noch nach vorn zu kommen“, entgegnete der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne): „Das wird nicht gelingen.“ Der Verfahrensverantwortliche Rainer Emenlauer erklärte dem Arzt, dessen Angebot auf Platz drei landete – nach PNN-Informationen hinter dem Gebot der Firma Semmelhaack – , dass „ihr Kaufpreisangebot null Punkte bekommen hat“. Diese Handhabung im Verfahren, wonach beim Kaufpreis nur die beiden Höchstbieter weiterkommen, „stand von Anfang an in der Ausschreibung“, sagte Emenlauer. Zudem: Gefordert sei lediglich eine „Mischnutzung“. Ob Kondor Wessels ein Ärztehaus entstehen lasse, „ist die Entscheidung des Bestbieters“.
Dem unausgesprochen im Raum stehenden Verdacht einer Vergabemanipulation trat Klipp mit dem Hinweis entgegen, die unabhängige Ombudsfrau der Stadt für Korruptionsverdachtsfälle Elke Schaefer habe „das Verfahren geprüft und keine Anhaltspunkte gefunden“. Klipp kündigte eine Prüfung seitens des Sanierungsträgers an, „ob der Tatbestand der üblen Nachrede besteht“. Dörfer sagte dazu gestern gegenüber den PNN: „Ich stelle nur kritische Fragen“ - etwa danach, warum die Auslober „nicht das beste Haus mit dem besten Konzept genommen haben“.
In der Veranstaltungspause kam es zu teils heftigen Diskussionen mit Dörfer, der den hochkarätigen Ärztehaus-Entwurf des Architekten Tobias Nöfer zum allgemeinen Vergleich an eine Tür gepinnt hatte. Dazu Urs Kohlbrenner: „Sie haben einen Entwurf abgeliefert, der mit dem Haus, das sie bauen wollen, nichts zu hat.“ Grund dieses Einwurfes: Grundriss und Fassade stimmten nicht überein. Kohlbrenner: „Sie haben kein stimmiges Konzept, Sie hätten eigentlich ausgeschlossen werden müssen.“
Im Eindruck dieser Auseinandersetzung ging in der Veranstaltung fast unter, dass das Gesamtkunstwerk Alte Fahrt durchaus Lob erfuhr – selbst von Mitteschön-Sprecherin Barbara Kuster, die etwa Franco Stellas Entwurf für die Brauerstraße 2 hervorhob. Freilich, an anderen Entwürfen, vorzugsweise an der Humboldtstraße 1/2 von Hillmer und Sattler & Albrecht, monierte sie „die Diktatur des rechten Winkels“ und „Eintönigkeit“. Mitteschön-Aktivist Arno Gorgels kündigte an, die Initiative werde den Beteiligten Vorschläge unterbreiten, „wo man es besser machen kann“. Das brachte den Baubeigeordneten auf, der sagte, es werde „kein Entwurfsseminar mit Mitteschön geben“. Klipp: „Etwas Besseres haben wir nicht zu bieten.“
Ludger Brands, Architektur-Professor an der Fachhochschule, wird indes „übel“, wenn er einige Gebäude-Rückseiten sieht, wo offensichtlich die vorn angelegte Leitbauten-„Zwangsjacke“ abgelegt wird, um „das 21. Jahrhundert plakativ zu machen“. Am Alten Markt verwendete Bauprinzipien müssten sich auch auf der Rückseite der Häuser wiederfinden. Abschließend mahnten Fachleute wie Inken Baller oder Christian Wendland hohe Normen der Qualitätssicherung beim Bau an.
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