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Homepage: Bestachelt und erdbeerrot
Die Buch-Aloe stammt aus dem Osten Südafrikas
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Im Botanischen Garten der Uni Potsdam wachsen exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.
Illtyd Buller Pole-Evans hatte kaum sein Masterexamen in den Fächern Pilzkunde und Pflanzenkrankheiten im ehrwürdigen britischen Cambridge absolviert, als er im Alter von 26 Jahren nach Südafrika berufen wurde. Im ganz neu gegründeten Landwirtschaftsinstitut in Pretoria war der Sohn eines walisischen Pfarrers ab Juli 1905 für Pflanzenkrankheiten zuständig. Die südafrikanische Flora mit ihrer immensen Vielfalt – über 22 000 Arten, etwa der sechsfache Wert von Deutschland – scheint ihn mindestens so sehr wie die auf den Pflanzen parasitierenden Rost- und Brandpilze beeindruckt zu haben, sein eigentliches Arbeitsgebiet. Speziell für die Gattung Aloe begeisterte er sich. Schon nach wenigen Jahren konnte er seine enorme Sammlung lebender Exemplare in die neue Abteilung für Botanik einbringen, deren Leiter er wurde.
Unter den 16 von Pole-Evans 1915 bis 1917 neu beschriebenen Aloe-Arten fiel eine durch ihre Blattstellung auf, die Botaniker zweizeilig nennen. Alle Blätter der Buch-Aloe (Aloe suprafoliata), die gattungstypisch bestachelt sowie dick und saftig (sukkulent) sind, weisen immer abwechselnd in nur zwei Richtungen, sodass das dritte Blatt genau über dem ersten und das vierte exakt über dem zweiten zu liegen kommt. Wegen der sehr kurzen Stängelabschnitte liegen diese Blätter tatsächlich direkt übereinander, sodass die Pflanze von der Seite betrachtet wie ein aufgeschlagenes Buch aussieht – daher der deutsche Name, und auch die Artbezeichnung „suprafoliata“ bezieht sich darauf.
Diese Art kommt ganz im Osten Südafrikas und im angrenzenden Swasiland vor, in kühlen Berglagen bis 1600 Meter Meereshöhe. Der Jahresniederschlag ist hier hoch (um die 1000 Millimeter), aber auf die Sommermonate konzentriert. Die im Herbst beginnende Trockenzeit bis zum nächsten Sommer überbrückt die Pflanze mit dem Wasservorrat ihrer Blätter, und im Laufe des Herbstes entwickelt sie auch ihre erdbeerroten, elegant grauspitzigen Blütenkerzen von bis zu einem Meter Höhe. Die Buch-Aloe ist eine bei Liebhabern geschätzte, da pflegeleichte und dankbar blühende Art. Ihre Wildvorkommen gelten als ungefährdet.
Erst nach der Erstbeschreibung durch Pole-Evans wurde klar, dass nur die Jungpflanzen zweizeilige Blätter haben. Ältere Exemplare zeigen die gleiche spiralige Blattstellung wie alle anderen Aloen. In der Gattung werden heute über 500 Arten unterschieden, die auf dem afrikanischen Kontinent, der Arabischen Halbinsel, auf Madagaskar sowie einigen Inseln im Indischen Ozean vorkommen. Das Mannigfaltigkeits-Zentrum liegt mit über 150 Arten in Südafrika.
Pole-Evans blieb zeitlebens begeistert von der Flora des Subkontinents. Er wurde schließlich Direktor des Programms zur Erforschung dieser Flora, war 19 Jahre Herausgeber einer von ihm mitgegründeten botanischen Fachzeitschrift, unternahm zahlreiche Forschungsreisen auch in andere Länder Afrikas und inspirierte die botanischen Wissenschaften in Südafrika in einem von kaum einem anderen Forscher übertroffenen Maß. Michael Burkart
Die blühende Alt- und eine buchförmige Jungpflanze der Buch-Aloe sind jetzt im Kakteenhaus des Botanischen Gartens zu sehen. Der Garten ist auch über die Feiertage geöffnet, geschlossen ist nur am 24. und 31. Dezember sowie am 1. Januar.
Michael Burkart
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