Landeshauptstadt: Besteigung des Winzerbergs
Bauverein lud erstmals zur Besichtigung ein / Nächste Führung am ersten Aprilsonntag
Stand:
Sanssouci - Am Sonnabend erhielten die Potsdamer erstmals Gelegenheit, den hinter dem Triumphtor an der Schopenhauerstraße ansteigenden Winzerberg zu besichtigen. Bekanntlich haben sich die vom Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner geleiteten „Freunde des Winzerbergs“ das Ziel gesetzt, den 1763 angelegten und Mitte des 19. Jahrhundert in seine heutige Form gebrachten Weinberg zu sanieren und dafür sowohl einen Bauverein wie auch einen Kunstverein zur Nutzung des Areals gebildet.
Weit über 100 Interessenten hatten sich eingefunden, um sich das Vorhaben vom Vorsitzenden des Bauvereins, Roland Schulze, seinem Stellvertreter Diethelm Marche und Sebastian Miethe erläutern zu lassen, der in seiner Diplomarbeit die Stabilität der Anlage untersucht hatte. Es gab ausschließlich gute Nachrichten. So reicht die solide, einem Viadukt ähnelnde Fundamentierung aus gemauerten Pfeilern und Bögen wohl bis zum Grund der ehemaligen Lehmgrube. Für die dritte Terrassenebene haben das 18 Meter tiefe Probebohrungen bestätigt, deshalb ist es auch für die oberste (23 Meter ) anzunehmen. Damit könnte auf eine Neufundamentierung verzichtet werden, was Zeit spart und das Vorhaben wesentlich verbilligt.
Einige der auf den Fundamenten stehenden roten Backsteinmauern wölben sich allerdings gefährlich nach vorn und müssen erneuert werden. Die Erbauer hatten versucht, das Regenwasser für die Bewässerung der Weinstöcke und Gehölze auf den Terrassen zu nutzen, das suchte sich später aber einen anderen Weg und schädigte die Mauern. Die oberste allerdings steht noch gerade, und so hofft Schulze, sie im Original erhalten und sanieren zu können. Originale Substanz zu bewahren, ist ein wichtiges Anliegen des Vereins. Während der Führung wurden die Schauer gezeigt, in denen Holz- und Metallteile auf ihre Aufarbeitung warten. Dies könnte für Auszubildende in Holzwerkstätten eine Aufgabe sein.
Gut erhalten sind einige Segmente der gusseisernen Rahmen der Verglasung, die die Wein- und Obstkulturen vor der Witterung schützten. Sie sollen nach Entrostung und Neuanstrich ebenfalls wiederverwendet werden.
Besonderes Interesse löste beim Publikum die aus dem Königsweg-, der Sanssouci- und der Augustastollen bestehende Bunkeranlage aus. Sie war 1944 in den Berg getrieben worden, um für etwa 3000 Potsdamer Luftschutzräume zu schaffen. Die Anlage blieb aber unvollendet. Nach dem Krieg wurde sie mit Bombenschutt vom Luisenplatz verfüllt und teilweise gesprengt. Der Bauverein will sie freilegen und prüfen, ob die Bunker die Stabilität des Berges beeinträchtigen. Er überlegt aber auch, ob er einen Teil der Stollens für das Publikum öffnen soll.
Wie Roland Schulze berichtete, wird das Vorhaben Winzerberg von zahlreichen Unternehmen, Baufachleuten, Wissenschaftlern und privaten Sponsoren unterstützt. So stellt ein Grundstücksbesitzer aus einem Dorf bei Brandenburg Ziegel aus einem Scheunenabriss zur Verfügung. Diese Scheune war um 1850 aus genau jenen gelben Glindower Handstrichziegeln errichtet worden, wie sie ab 1848 auch bei der Erneuerung der Weinberganlage für Mauern und Balustraden verwendet wurden. Für den Bauverein wird 2006 ein „Jahr der Theorie" und weiterer Untersuchungen.
Mit der Instandsetzung der vorgelagerten Bacchustreppe, die mit einer Büste des Weingottes geschmückt ist, will der Bauverein aber auch ein Zeichen für den Beginn der Restaurierung setzen.
Am 2. April, 10 Uhr, sind die Potsdamer zur nächsten Winzerberg-Führung eingeladen. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: