Landeshauptstadt: Betreutes Wohnen an der Insel
Potsdams erstes Hochhaus in der Burgstraße 6a wird modernisiert
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Innenstadt - „Hier wohnen verdiente Arbeiterveteranen“, so lautete der gängige Spruch über die Bewohnerschaft in der Burgstraße 6a in der DDR-Zeit. Das Hochhaus, das erste in Potsdam, war ein preiswerter Altensitz, zentral und gleichzeitig landschaftlich reizvoll gelegen.
Der Elfgeschosser wenige Schritte vor der Brücke zur Freundschaftsinsel verkam in den vergangenen Jahren mehr und mehr. Nach der Fugensanierung gab es nur noch notdürftige Reparaturen und entsprechend viele Bewohner-Auszüge. Schließlich verkaufte die Gemeinnützige Wohngesellschaft Potsdam (Gewoba) das Haus in exzellenter Lage am 1. August 2005 an eine Vermögensgesellschaft in Bremerhaven / Hamburg, die mit den Marseille-Kliniken eng verbandelt ist.
Derzeit haben die Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten des im Jahre 1965 errichteten Gebäudes begonnen. Keine amtliche Baustelleninformation, wie sie eigentlich vorgeschrieben ist, gibt über das Ziel und den Bauherren Auskunft. Die schwere Eingangstür steht offen, die Briefkästen im Vestibül sind größtenteils zerstört. Zwei ältere Bewohner haben noch ihre Wohnungen in dem Haus, ist vom Hausmeister zu erfahren.
Verantwortlich für das Gebäude ist die „Betrium Nr. 49 Vermögens GmbH“ mit Sitz in Bremerhaven. Ihr Geschäftsführer Ennio Laviciano fungiert gleichzeitig als „Vorstand Pflege“ der Marseille-Kliniken mit Hauptsitz in Hamburg. Die Bauarbeiten finden unter der Verantwortung der Firma EWG in Halle und ihrem Ingenieurbüro für Sanierung und Modernisierung statt. Der in Potsdam verantwortliche Vorarbeiter verweist an den Regionalleiter Thorsten Schneppe in Halle, der allerdings nicht erreichbar ist. Auch die Marseille-Kliniken und Geschäftsführer und Pflege-Vorstand Laviciano ließen sich trotz mehrerer Versuche keine Auskünfte für die Presse entlocken.
Die Marseille-Kliniken, eine der größten Pflege-Aktiengesellschaften Deutschlands, hatten sich vor einigen Jahren populistisch in Potsdam eingeführt, als sie die Finanzierung der Springbrunnenanlage auf der Freundschaftsinsel übernahmen. Zuvor lagen sie mit dem Land Brandenburg und dem Hildebrandt-Ministerium juristisch im Clinch wegen der nach ihrer Meinung nach nicht rechtmäßigen Förderung von Senioreneinrichtungen, darunter auch des Emmaushauses in der Potsdamer Eisenhartstraße.
Dem Vernehmen nach soll das Wohnhaus Burgstraße 6a für „betreutes Wohnen“ umgebaut werden. Früher befanden sich in dem Hochhaus 123 kleine Apartments, so viele dürften es nach der Sanierung wieder werden. Der Speisesaal mit seinen Thermofenstern auf der Seite zur Alten Fahrt soll wieder funktionsfähig werden und wie in Vorzeiten der Versorgung der Bewohner dienen. „Gut gekocht und gern gegessen...“ , ist noch auf einem Wandspruch zu lesen. Mit der Fertigstellung des Gebäudes ist spätestens Mitte 2008 zu rechnen.
Das betreute Wohnen gehört offenbar zu den neuen Betätigungs- und Strategiefeldern der Marseille-Kliniken. Ennio Laviciano sagt dazu in einem Interview, abgedruckt im Geschäftsbericht der Aktiengesellschaft: „Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs wird die Marseille-Kliniken AG ihr Angebot an vollstationären Pflegeplätzen ergänzend erweitern, wo Synergien zu erwarten sind. Dabei sollen Angebote im Bereich der Tagespflege und des betreuten Wohnens ausgebaut werden. Außerdem wird über Konzepte nachgedacht, die zu einer frühzeitigen Bindung, also Kundenbindung, von potenziellen künftigen Bewohnern an die Einrichtung führen.“ Günter Schenke
Günter Schenke
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