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Aus dem GERICHTSSAAL: Betrüger mit Zahnschmerzen

Behandlung ohne Geld und Versicherung erschlichen

Stand:

Andreas A. (44, Name geändert) ist jetzt Paketbote bei Hermes. Er verdient nicht üppig, ist allerdings froh über sein geregeltes Einkommen. Schließlich gab es früher eine Zeit, wo das Geld so knapp war, dass es nicht einmal für eine Krankenversicherung reichte. Im Oktober 2006 plagten den Potsdamer heftige Zahnschmerzen. Da sein Gebiss ohnehin sanierungsbedürftig war, willigte er in eine umfangreichere Behandlung ein. Laut Staatsanwaltschaft täuschte er die Dentistin jedoch über seine Zahlungsfähigkeit, ließ sie auf den Kosten von 439 Euro sitzen. Gestern wurde Andreas A. vom Amtsgericht wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro (1800 Euro) verurteilt.

„Was ich getan habe, war falsch“, räumt Andreas A. reumütig ein. „Nun habe ich die Quittung erhalten. Ich bin aber nicht mit dem Vorsatz zu der Zahnärztin gegangen, sie um ihr Geld zu prellen.“ Nach längerer Erwerbslosigkeit hatte der ehemals Selbstständige im Herbst 2006 eine Anstellung bei einer Versicherung gefunden. Der Arbeitsvertrag war unterschrieben. Mit 1500 Euro netto monatlich – so dachte der Angeklagte – könne er vernünftig leben, sogar beginnen, seinen Schuldenberg von rund 28 000 Euro aus dem insolventen Unternehmen abzutragen. „Ich war richtig euphorisch und habe mir ausgerechnet, dass ich die Zahnarztkosten auch bezahlen kann. Außerdem hatte ich bei meinem zukünftigen Arbeitgeber bereits einen Antrag auf Krankenversicherung gestellt.“ Doch die neue Beschäftigung erwies sich als Flop. „Ich sollte Hartz IV-Empfängern Versicherungen verkaufen, die ich nicht gutheißen konnte“, so Andreas A. Das erste Gehalt kam noch pünktlich und vollständig. Für den zweiten Monat zahlte das Unternehmen nur die Hälfte, dann gar nicht mehr. Deshalb habe man sich im gegenseitigen Einvernehmen getrennt.

„Sie sind zuletzt im Jahr 2006 wegen Tankbetruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, die zu drei Jahren Bewährung ausgesetzt wurden. Und dann gehen Sie am 17. Oktober zum Arzt und wissen, dass Sie kein Geld haben. Das ist nicht gut“, merkt Richterin Dr. Birgit von Bülow an. „Haben Sie die Rechnung inzwischen beglichen?“ Der Angeklagte schüttelt den Kopf, beteuert aber: „Das könnte in spätestens drei Monaten erledigt sein. Momentan bin ich krank geschrieben, aber in vier Wochen werde ich wieder voll einsatzfähig sein.“ „Sie gehen heute hier mit zwei blauen Augen raus“, erklärt die Vorsitzende. „Als Bewährungsversager müsste ich Sie eigentlich ins Gefängnis schicken.“ Die Milde des Gerichts sei allein dem Umstand geschuldet, dass sich der Angeklagte keine Luxusgüter erschlichen habe. Hoga

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