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Aus dem GERICHTSSAAL: Bettlaken-Transparente mit Doppelsieg-Rune

Sogar der Generalbundesanwalt ermittelte gegen vermeintliche Terroristen

Stand:

Die Oma hatte sich sicher eine andere Verwendung für ihre Bettlaken gedacht, die sie einst ihrem Enkel Benjamin schenkte. Der soll gemeinsam mit seinem Kumpel Adrian vier der weißen Tücher mit dem Text „Ewig Treu wie Hess“ besprüht, die beiden letzten Buchstaben als Doppelsieg-Rune gestaltet und sie zwischen dem 14. bis 17. August 2001 über der Nutheschnellstraße sowie an der Autobahn-Anschlussstelle Drewitz aufgehängt haben.

„Es war während der Hess-Gedenkwoche im April 2001“, erinnerte sich Benjamin B.* gestern vor Gericht „Wir haben überlegt, ob eigene Aktionen einen Sinn machen. Das war eine dumme Sache, die ich zutiefst bereue“, bekannte der inzwischen 27-Jährige. Ihr seien damals tagelange Verhöre durch die Polizei gefolgt, die gegen Benjamin B.* und seinen Kumpel Adrian A.* wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelte, in die sich sogar der Generalbundesanwalt in Karlsruhe einschaltete. Um endlich Ruhe vor den bohrenden Fragen zu erlangen, habe er Adrian einen Teil der Schuld zugeschoben. „Das war falsch. Er war nicht dabei. Einige Transparente habe ich in meinem Keller mit roter Farbe beschriftet, die anderen an Ort und Stelle besprüht. Ich habe sie auch alleine aufgehängt“, so der Arbeitslose, der sich nach eigenem Bekunden inzwischen aus der rechten Szene gelöst habe. „Die Rune war allerdings nicht beabsichtigt. Da ist mir die Hand ausgerutscht.“

„Ich weiß gar nicht, was ich hier soll“, begehrte Adrian A. (34) auf der Anklagebank auf. Es stimme, dass er zu jener Zeit als Mitläufer der Rechten galt, sich ab und zu mit Benjamin B. und seinen Gesinnungsgenossen traf. Doch seit den Verhören habe er den Kontakt zu ihm abgebrochen. „Ich bin zweimal aus meiner Wohnung heraus verhaftet worden. Meine Frau wollte sich schon scheiden lassen, was sie glücklicherweise nicht getan hat“, berichtete der dreifache Vater. Er könne sich bis heute nicht erklären, wieso er von Benjamin, den er seitdem nicht wieder gesehen habe, belastet worden sei.

Amtsrichter Francois Eckardt kramte in Papiertüten, förderte schließlich vier Bettlaken zutage. „Die stinken jetzt etwas“, meinte er, vergewisserte sich dann bei Benjamin B.: „Sind das die bewussten Transparente?“ Der Angeklagte nickte. Die Staatsanwältin glaubte nicht an einen Ausrutscher beim Sprühen der Runen, regte aber an, das Verfahren gegen den bislang Unbescholtenen gegen Zahlung einer Geldbuße von 1000 Euro einzustellen. Adrian A., dem eine Beteiligung nicht nachgewiesen werden könne, sei freizusprechen. Das Gericht folgte diesem Antrag. (*Namen geändert.) Hoga

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