ATLAS: Bewahren
Michael Erbach über den 9. November
Stand:
Der 9. November als Schicksalstag der Deutschen – dies war das Thema des gestrigen Vortrags von Paul Oestreicher. Mit seiner Rede am Abend in der frisch eingeweihten Versöhnungskapelle auf dem Gelände der früheren Garnisonkirche traf der Kirchenmann den Nerv der Anwesenden. Kein Wunder, verbindet sich doch der 9. November mit der Pogromnacht, dem Beginn der systematischen Vernichtung der Juden in Europa, und mit dem Fall der Mauer. Mit dem Gedenken an diese Ereignisse soll, so war auch zuvor beim Gottesdienst in der Kapelle zu hören, auch immer die Mahnung verbunden sein, die Gegenwart friedlich und demokratisch zu gestalten. Doch dies scheint nur einem Teil der Potsdamer bewusst zu sein. Wie anders ist es zu erklären, dass es nur ganz wenige Veranstaltungen zum Beispiel zum Gedenken an den Fall der Mauer vor 17 Jahren gibt – und die Zahl der Teilnehmer sich auch noch sehr in Grenzen hält. Einige wenige Häuflein, zum Teil auch noch belächelt, machten und machen sich dennoch auf – und trotzen damit den Alltagssorgen, die viele Menschen offenbar mehr zu beschäftigen scheinen. Dabei ist das eine mit dem anderen verbunden, erwächst aus dem Blick in die Geschichte erst die Wertschätzung dessen, was über Alltagssorgen hinaus erreicht wurde – und bewahrt werden muss.
Michael Erbach
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: