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Homepage: Bibel versus Darwin

Ein Workshop am Einstein Forum beleuchtete die Kontroverse um das „Intelligent Design“

Dass der Mensch vom Affen abstammt, gefällt nicht jedem. So etwa dem Bischoff, der im Jahr 1860 in Oxford den Wissenschaftler Thomas Huxley angriff. Huxley, ein Anhänger von Darwins Evolutionstheorie, fühlte sich herausgefordert. „Lieber stamme ich von einem Affen ab, als von einem Heuchler“, soll er dem Geistlichen geantwortet haben. Die Bemerkung löste einen Skandal aus. Bis heute haben sich die Wogen des Disputs nicht geglättet. Dies wurde unlängst bei einem Workshop des Potsdamer Einstein Forums deutlich. Der Berliner Biologe Peter Hammerstein erzählte die Anekdote in seinem Vortrag über Evolution. Thema des Workshops war die Theorie des „Intelligent Design“ (auch „ID“). Sie richtet sich gegen die vermeintlich gottlose Welt des Darwinismus.

In den USA hat die anti-darwinistische Theorie eine starke Anhängerschaft. Der Wissenschaftshistoriker Ronald Numbers von der Universität Wisconsin erläuterte in einem ausführlichen Vortrag, wie sich der Widerstand gegen Darwin in den USA formierte. Besonders für bibeltreue Christen sei es ein Problem gewesen, Darwins Theorie der Evolution mit der Schöpfungsgeschichte zu vereinbaren. In sieben Tagen habe die Evolution der Arten kaum ablaufen können, sagte Numbers. Doch auch die Sintflut bringt fundamentalistische Christen, die sich in den USA selbst so bezeichnen, in Erklärungsnot. Wie sollen all die Tierarten, die wir heute kennen, auf Noahs Arche gepasst haben?

Schon in den 1920er Jahren gab es politische Debatten in den USA. Wer lag falsch, Darwin oder die Bibel? Doch die Christen hätten sich zunächst mit der Evolutionstheorie arrangiert, so Numbers. Die Bezeichnung „Intelligent Design“ stamme aus dem Jahr 1989. Um dieses Konzept entstand eine weltweite Bewegung, die mehr wollte, als nur Darwins Evolutionstheorie in Zweifel zu ziehen.

Die Theorie wurde von nur wenigen Wissenschaftlern lanciert. Darunter der Jurist Phillip Johnson und der Biologe Michael Behe. Behe kam Mitte der 90er Jahre zu dem Schluss, er habe Phänomene entdeckt, die mit der Evolutionstheorie nicht erklärbar seien. Die einzig mögliche Erklärung, so seine These, sei ein intelligenter Designer, ein Schöpfer. Eine große Entdeckung, meinte Behe. Er habe sich daher selbst mit Einstein verglichen, so Numbers in seinem Vortrag. Die neue Stoßrichtung von „Intelligent Design“ sei diese Vermischung von Religion und Naturwissenschaft gewesen. Heute gelte Behes These als widerlegt. Der Gedanke blieb aber im öffentlichen Bewusstsein haften. Umfragen zeigen, dass eine Mehrzahl der Amerikaner an einen „intelligenten Designer“ der Lebewesen glaubt. Jüngsten Erhebungen zufolge sympathisieren 17 Prozent der Briten mit der Theorie. Auch in Asien und muslimischen Ländern ist „Intelligent Design“ beliebt.

Die Anhänger des „ID“ verfolgen eine öffentlichkeitswirksame Strategie. Ziel dieser Strategie ist es, die Theorie als wissenschaftlich fundiert hinzustellen. Numbers wies darauf hin, dass sie damit ein Grundprinzip der modernen Wissenschaften revidieren wollen. Demnach darf wissenschaftliche Forschung keine Erklärungen zulassen, die auf einen Gott oder ein Prinzip außerhalb der Natur zurückgreifen. Doch genau das tat Michael Behe: Indem er postulierte, nicht die natürliche Auslese, sondern ein intelligenter Designer habe bestimmte biologische Phänomene hervorgebracht. „Intelligent Design“ sei also ein trojanisches Pferd, pflichtete der Biologe Hammerstein dem kritischen Gast aus den USA bei. Außen die Wissenschaft, innen der Glaube. Unter den Anwesenden herrschte Einigkeit darüber, dass dies eine gefährliche Kombination sei.

Doch die Strategie der „Intelligent Design“ Befürworter geht auf. In den USA haben sie Einfluss an den Schulen gewonnen. Sie haben ihre Publikationen in Bibliotheken platziert. Viele Menschen finden eine Theorie attraktiv, die einem Schöpfer wieder Platz einräumt. Es kam in dem USA zu Gerichtsprozessen, ob die Theorie an Schulen unterrichtet werden solle. Obwohl die Vertreter des „ID“ vor Gericht bislang keinen echten Erfolg verbuchen konnten, gehört auch dies zur Strategie. Die Prozesse erhöhen die öffentliche Aufmerksamkeit für die Theorie.

Gesteuert wird das Vorgehen von dem „Discovery Institute“ aus Seattle. Die finanzielle Unterstützung kommt unter anderem von dem Millionär Howard Ahmanson. Ronald Numbers erläuterte dem erstaunten Publikum die religiösen Hintergründe der vermeintlich wissenschaftlichen Bewegung. Ahmanson, Sohn eines Bankiers, sympathisiere mit einer radikalen christlichen Splittergruppe. Deren Ziel: Die Errichtung eines Gottesstaates auf der Grundlage des Alten Testaments.

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