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Landeshauptstadt: Bilanz des Schreckens Das Schloss lag in Trümmern, die Garnison- und Nikolaikirche waren zerstört. Was Bomber und Artillerie in Potsdam anrichteten

Am 16. April 1945 flog eine britische Maschine gegen 11.

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Am 16. April 1945 flog eine britische Maschine gegen 11.45 Uhr über Potsdam und machte eine Serie von Fotos der Stadt. Deutlich sind die Schäden zu erkennen, und der Auswertungsbericht der Briten zählt sie mit großer Genauigkeit auf. Das Zielgebiet südlich der Havel glich einem Trümmerfeld. Nördlich zeigen die Aufnahmen ebenfalls Schäden, es zeigte sich aber, dass erst durch den Beschuss russischer Artillerie in den Tagen danach beachtliche Schäden entstanden, die man heute mit 40 bis 50 Prozent einschätzt.

Dies gilt auch für die Opferzahlen, die zunächst mit zirka 5000 angegeben und 1966 im Statistischen Jahrbuch mit 3578 beziffert wurden. Nach 1990 ergab eine Auszählung der Sterberegister der Potsdamer Friedhöfe die Zahl von 1593, ganz sicher ist aber auch das nicht (siehe Beitrag links). Offenbar hatte man nach dem Krieg die weit über 1200 zählenden Opfer des mehrtägigen Beschusses und der Kämpfe in der Stadt hinzuaddiert. Eine Liste aus dem dem britischen Nationalarchiv weist die Abwurfmenge nach: Rund 1717 Tonnen Spreng- und 34,8 Tonnen Markierungsbomben. Allerdings fehlt in sämtlichen britischen Dokumenten die Brandbombenmenge. Sie kann nur theoretisch mit maximal 180 Tonnen eingeschätzt werden.

Ein Schloss in Trümmern

„Was in Jahrhunderten mit großer künstlerischer Kraft geschaffen wurde, brannte in einer Nacht bis auf die Umfassungsmauern nieder“, schreibt Hans-Joachim Giersberg in seinem Buch „Das Stadtschloss zu Potsdam“. Die Bausubstanz war jedoch nicht so stark beschädigt, dass nicht ein Wiederaufbau, allerdings nicht als Schloss, sondern als Stadthaus, Museums- und Bibliotheksgebäude möglich gewesen wäre. Am 13. November 1959 beschloss die Stadtverordnetenversammlung, die Schlossruine abzureißen. Am 18. Dezember 1959 begann die Sprengung.

Viele Gebäude unbeschädigt

Zahlreiche Gebäude in der historischen Innenstadt überstanden die verheerende Bombennacht vom 14. April relativ unbeschadet. Dazu gehörten das Alte Rathaus und das Knobelsdorff-Haus. Doch was die britischen Bomber stehen ließen, fiel zum großen Teil später dem Beschuss der russischen Artillerie zum Opfer. Historiker schätzen, dass etwa die Hälfte der Zerstörungen auf das Konto der Briten und die andere Hälfte auf das der Russen geht. So stand der 86 Meter hohe Turm der Heilig-Geist-Kirche nach der Bombennacht ebenfalls noch. Er wurde durch sowjetische Artillerie am 26. April in Brand geschossen.

Die Garnisonkirche im Feuer

„Die Garnisonkirche lag zwar in Rauch und Feuer, doch schien sie selbst nicht zu brennen“, beschrieb Pfarrer Gerhard Schröder den ersten Eindruck nach dem Ende des Bombenangriffs. Doch dann begann der Turm zu brennen. Schröder versuchte, Verstärkung für die Löschtruppe zu organisieren. „Bei der Rückkehr zur Kirche sah ich, dass durch Funkenflug das Gebälk des Kirchenschiffes Feuer gefangen hatte.“ Trotz aller Bemühungen brannte das 1734 vollendete Meisterwerk barocker Baukunst aus. Die Kapelle des Garnisonkirchturms, der den Krieg überstand, wurde von 1950 bis 1968 von der Heilig-Kreuz-Gemeinde für Gottesdienste genutzt. Am 23. Juni 1968 wurde die Turmruine gesprengt.

Wunder Französische Kirche

Die Französische Kirche entkam wie durch ein Wunder mit leichten Schrammen den Bomben und Artilleriegeschützen. Wie haarscharf sie an der Zerstörung vorbeischrammte, zeigen die Fotodokumente von Max Baur von der zerstörten Französischen Straße. Was der Krieg nicht schaffte, besorgte die Vernachlässigung danach. 1968 musste das älteste Gotteshaus im Stadtgebiet von Potsdam, das auf Baumeister wie Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und Karl Friedrich Schinkel zurückgeht, wegen Baufälligkeit geschlossen werden. Erst im Jahre 1991 begann die schrittweise Renovierung mit der Sicherung der Kuppel und der Gründung des Fußbodens auf Pfählen. Seit 1993 finden wieder Gottesdienste statt. G.S./ERB

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