Landeshauptstadt: „Billy Idol war noch zu teuer“
Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen zur Zukunft des Festivals, über Kundenbindung und Strompreise
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Der Auftritt von ZZ Top ist Geschichte. Herr Paffhausen, wie geht es nächstes Jahr weiter mit dem Stadtwerkefest?
Wir werden ab Herbst Bands auswählen, die wie ZZ Top bezahlbar sind. Spontan fallen mir Namen wie Deep Purple oder Billy Idol ein, der uns dieses Jahr jedoch noch zu teuer war. Durch den Erfolg dieses Festes wird auch unser Ruf als Veranstalter besser, was Potsdam wiederum als Auftrittsort für Bands attraktiver macht.
Was lernen Sie aus diesem Jahr, etwa in Bezug auf die Becherwüste nach dem Fest?
So ist das eben bei solchen Veranstaltungen. Wie bei der Fanmeile oder Loveparade. Aber dafür haben wir die Kollegen von der Stadtentsorgung. Wir müssen uns aber überlegen, ob wir noch einmal überregional mit Plakaten werben, ob es da wirklich einen Effekt für Potsdam gab. Außerdem müssen wir mehr Toiletten aufstellen, da sind wir von den Massen überrollt worden. Da hat uns der Regen am Sonntag geholfen, letztlich war das für den Boden wohl sogar ganz günstig.
In den vergangenen Wochen waren Sie in der Potsdamer Öffentlichkeit sehr präsent, vor allem, wenn es gegen Sie ging. Wie empfinden Sie die Kritik am Festival?
Ich halte sie für populistisch. Und Sie müssen sehen, von wem sie geführt wird: Die Kritiker kommen aus kleinen Parteien, die sowieso öffentliche Unternehmen als Feindbild ansehen, und immer für Privatisierung stehen. Obwohl Studien immer wieder beweisen, das die Öffentliche Hand das auch ganz gut kann, per Saldo Kommunen damit viel besser fahren. Aber in Wahlkampfzeiten muss man das wohl aushalten.
Kritik äußerten auch Verbraucherschützer, manche sprechen gar von Ego-Show.
An Drei Tagen hatten wir 21 Stunden Bühnenprogramm. Davon war ich zusammen mit Jann Jakobs fünf Minuten auf der Bühne für eine Begrüßung. Also keine Ego-Show. Aber natürlich mag ich ZZ Top und am Samstag waren 100 000 da, denen es genauso ging. Ich frage mich aber immer: Was wollen die Leute? Friedhofsruhe in Potsdam? Aber lieber habe ich 100 000 zufriedene Kunden und drei Kritiker im Wahlkampf als umgekehrt.
Warum legen sie dann nicht einfach die Kosten offen?
Das dürfen wir leider nicht! Das verstößt zum Beispiel gegen das Vertragsrecht, dass wir mit den Bands über deren Gagen schweigen müssen.
Und die kompletten Kosten, wollen Sie die nennen? Branchenkenner bezweifeln ja die genannten 310 000 Euro?
Jaja, die Branchenkenner Also die, die ich kenne, wollen gerne mit uns zusammenarbeiten, und geben uns klasse Konditionen, Wir werden eine detaillierte Kalkulation für unseren Aufsichtsrat vorbereiten. Und so teuer ist es nicht. Zum Beispiel ZZ Top: Wenn sie ohne Eintritt spielen, aber vor 100 000, ist das auch für die Band Werbung. Deswegen bekommen wir sie erheblich günstiger nach Potsdam. Deswegen klipp und klar: Die Stadtwerke bezahlen 200 000 bis 300 000 Euro, obwohl die eigentlichen Kosten erheblich höher sind. Dafür haben wir Sponsoren.
Also keine Änderung nächstes Jahr?
Nein. Ich möchte keinen Plakataktionen machen, wie etwa Vattenfall, Eon oder Andere, die wahrscheinlich wenige wahrnehmen. Das Stadtwerkefest ist ein integraler Bestandteil unseres Marketings, dass wir nicht machen würden, wenn wir am Ende schlechter da stünden. Es ist sicher ungewöhnlich. Aber ich denke, dass sich solches Marketing bei anderen Versorgern herumspricht und sie nachziehen.
Die Zahl ihrer Kunden sinkt. Bindet das Stadtwerkefest wirklich Kunden?
Okay, wir haben wieder Wahlkampf. Seitdem der Gesetzgeber die Märkte geöffnet hat, sind wir runter von unseren hundert Prozent. Ist ja in Ordnung. Der Telekom gehts ja wie vielen anderen Ex-Monopolisten auch so. Wir bleiben beim Festival als Baustein unseres Wohlfühl-Programms: Die Leute gehen nach so einer Nacht wie am Samstag zufrieden nach Hause. Seit Februar hatten wir kaum noch Wechsel. Wir haben immer nur dann Verluste, wenn wir Strom- oder Gaspreise erhöhen mussten. Doch hält sich der Rückgang in Grenzen: Hatten wir in den vergangenen Jahren rund 10 Prozent Schwund, waren es bei anderen Versorgern 20 Prozent. Und bis Ende des Jahres werden wir billiger als andere sein, weil wir im Gegensatz zur Branche vorerst keine Preise erhöhen.
Das Interview führte Henri Kramer
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