Landeshauptstadt: Bis zu viereinhalb Jahre Haft für Schlag mit Bierflasche gefordert
Staatsanwaltschaft geht im Prozess um Überfall auf bekannten Linken nicht mehr von versuchtem Mord aus / Verteidigung will Freisprüche
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Potsdam – Kein versuchter Mord, aber schwere Körperverletzung: Im Prozess gegen fünf Jugendliche aus der rechtsextremen Szene wegen ihres Überfalls auf zwei Personen im vergangenen Sommer hat die Staatsanwaltschaft gestern die Schwere der Anklage teilweise relativiert. „Die Verletzungen sprechen nicht dafür, dass der Tod der Opfer billigend in Kauf genommen wurde“, sagte Staatsanwalt Peter Petersen in seinem Plädoyer. Die Schläge und Tritte gegen die Köpfe der Opfer wären nicht so stark gewesen, wie ursprünglich zu Prozessbeginn angenommen. Ausschlaggebend für die neue Bewertung sei das gerichtliche Gutachten über die Schwere der Verletzungen.
In dem Verfahren vor der Zweiten Strafkammer des Potsdamer Landgerichts geht es um einen Angriff in der Nacht vom 2. zum 3. Juli 2005 (PNN berichteten). Der bekannte Linke Tamas B. hatte mit seinem Kumpel Christoph B. gerade einen Döner-Imbiss in der Friedrich-Ebert-Straße verlassen. Tamas B. wurde dabei von einer Gruppe Rechtsextremer aus einer vorbei fahrenden Straßenbahn erkannt. Die Notbremse der Tram wurde gezogen. Bis zu 13 Angreifer sollen dann die beiden Opfer verprügelt und mit Flaschen geschlagen haben. Ihre Bahnfahrt wurde von einer Kamera aufgezeichnet. Gegen sechs weitere Beschuldigte wird in einem parallelen Verfahren vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts verhandelt. Dort lautet der Vorwurf ebenso noch auf versuchten Mord. Gegen zwei ebenfalls mutmaßliche Beteiligte ermittelt zur Zeit noch die Polizei.
Der Stich mit einer abgebrochenen Bierflasche ins Gesicht von Christoph B. kann ebenso nicht mehr als Mordversuch gewertet werden. „Dieser Hieb lässt sich niemand mehr zurechnen, da er vielleicht ausgeführt wurde, als sich der Großteil der Gruppe schon vom Geschehen abgewendet hatte“, sagte Volker Wiedersberg, Anwalt von Christoph B. und Vertreter der Nebenklage.
Gleichwohl drohen den jugendlichen Angeklagten zum Teil hohe Strafen. Für die 18-jährige Sandra S. forderte die Staatsanwaltschaft gestern vier Jahre und sechs Monate Haft. Sie hatte zugegeben, als Erste eine Bierflasche auf dem Kopf von Tamas B. zerschlagen zu haben. Ihr Verteidiger beantragte dagegen zwei Jahre Jugendstrafe auf Bewährung. Für die vier männlichen Angeklagten forderte die Staatsanwaltschaft Jugendstrafen bis zu zwei Jahren auf Bewährung. Ihre Verteidiger plädierten auf Freispruch. Niemand habe ihre direkte Beteiligung gesehen, so die Begründungen. Das Urteil wird am Montag erwartet. H. Kramer
H. Kramer
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