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Homepage: Blackbox Mikroorganismus

Am Institut für Agrartechnik in Bornim wird an der Energiegewinnung durch Biogas gefeilt

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Ob Mais, Flachs oder Hanf, Pappeln, Raps oder Krapp – nachwachsende Rohstoffe haben Konjunktur. Sie sind Ausgangsstoff für Textilien, Biogas oder biologisch abbaubare Kunststoffe. Die PNN berichten über die Erforschung ihrer Potenziale in der Region.

Man muss schon etwas genauer hinschauen, um die Gasbläschen zu entdecken, die sich in dem Glaszylinder ihren Weg nach oben bahnen. Vorbei an klein gehäckselten Pflanzenteilen und Halmen. Vorbei an Blattresten und Stielen: Biogas. Bernd Linke, Leiter der Abteilung Bioverfahrenstechnik am Institut für Agrartechnik in Bornim (ATB) ist begeistert. „Hier sehen sie die Bläschen ganz deutlich“, sagt er mit einem Strahlen in den Augen, das wohl nur versteht, wer weiß, wie kompliziert die Gewinnung von energiereichem Gas sein kann.

Wenngleich auch lange bekannt ist, dass mit Biomasse und Gülle Energie zu gewinnen ist, ist das tatsächliche Wissen über die Vorgänge im Inneren eine Biogasanlage oft erschreckend gering. Dabei war Biogas kurz nach dem Zweiten Weltkrieg durchaus ein wichtiger Energielieferant. Er unterlag jedoch mangels ausgereifter technischer Verfahren schließlich der Konkurrenz durch das Erdöl. Damit geriet auch die dazugehörige Forschung ins Stocken. Erst jetzt, da fossile Brennstoffe knapper werden, erinnert man sich wieder an das grüne Gold.

Wissenschaftler wie Linke stehen daher im ständigen Dialog mit Landwirten, greifen deren Fragen auf und ergänzen ihre praktischen Erfahrungen durch fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse und wirtschaftliche Expertisen.

Auch die Politik hat das Potenzial von Strom aus Biomasse entdeckt. Entsprechende Projekte werden gleich von vier Bundesministerien gefördert. Bereits jetzt liegt der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland bei 10,2 Prozent, Biogas macht rund ein Prozent aus. Das Gas stammt zu 85 Prozent aus landwirtschaftlichen Betrieben: Aus Landwirten werden Energiewirte.

Energiepflanzen bereichern längst die Produktpalette vieler Bauern. In Silos lagert neben Viehfutter, auch Futter für Mikroorganismen. Sie sollen unter Ausschluss von Luft schließlich die Pflanzenreste zu Methan und Kohlendioxid vergären. Dann verpacken Millionen von Mikroorganismen in großen Fermentern die einstmals von den Pflanzen in Zuckern, Fetten und Eiweißen gespeicherte Sonnenenergie in energiereiches Biogas.

Neben Spuren von Stickstoff und Sauerstoff, Schwefelwasserstoff und Wasserstoff besteht dieses Biogas zu 55 bis 75 Prozent aus Methan und zu 25 bis 45 Prozent aus Kohlendioxid. Je mehr Methan, desto besser ist die Stromausbeute im angeschlossenen Blockheizkraftwerk. Eine Tonne Silomais, so die Faustregel, ergibt rund 200 Kubikmeter Biogas. Bei einem Methangehalt von nur 55 Prozent bleiben unterm Strich rund 400 Kilowattstunden nutzbare Energie.

Doch welche Mikroorganismen sind für die Umwandlung der Silage verantwortlich? Welche Organismen stellen besonders viel Methan her und unter welchen Bedingungen? Wie kann der wertvolle Rohstoff am besten gelagert werden und welche Energiepflanzen sind nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll?

Fragen, die die Wissenschaftler und Ingenieure um den Agrarforscher Bernd Linke am ATB beantworten wollen. „Die Zusammensetzung der beteiligten Mikroorganismen ist noch immer eine Blackbox“, erläutert Monika Heiermann, Mitarbeiterin in der Abteilung Technikbewertung und Stoffkreisläufe am ATB, die Problematik. Dabei könnte sich die 45-jährige Wissenschaftlerin gut vorstellen, dass es einmal Patente auf besonders effektive Methanbildner gibt. Ihr Kollege Ralf Schmersahl untersucht derweil die Möglichkeiten, Biogas in Brennstoffzellen zu verwerten. „Die Energiebeute könnte dadurch um ein Vielfaches gesteigert werden“, sagt der Doktorand der Abteilung Bioenergie. Doch noch sind Brennstoffzellen teuer und kurzlebig – am Biogas allein liegt es also nicht.

Bioenergie ist aber mehr als Biogas. Pflanzen, allen voran die Pappel, eignen sich zum Beispiel hervorragend zur Energiegewinnung. Auch das im Prinzip nichts Neues. Doch was für Biogas gilt, gilt auch für biogene Festbrennstoffe wie Holz – zusätzliche Forschung hilft, den Ertrag der Bauern zu steigern.

Etwa 60 Pflanzenarten kommen überhaupt nur für eine gewinnbringende Energieerzeugung in Frage. Darunter Mais, Getreide sowie Pappeln und Weiden. Sie sollten möglichst einfach und ohne Dünger anzubauen sein und gleichzeitig stabile Energieerträge sichern. Bisheriger Testsieger eines inzwischen zwölf Jahre andauernden, bundesweit einmaligen Langzeitversuchs unter der Leitung des Bornimer Agrarwissenschaftlers Volkard Scholz: die Pappel. Sie lässt sich im Winter, wenn die Bäume nur wenig Feuchtigkeit enthalten, bequem ernten und vor Ort zu daumengroßen Hackschnitzeln verarbeiten. Eine Trocknungsstufe oder gar das Pressen in Briketts, wie es beispielsweise bei Hanf nötig wäre, entfällt. Außerdem kommt die anspruchslose Pappel wunderbar mit dem sandigen und trockenen Boden Brandenburgs zurecht. Positiver Nebeneffekt: Die Pappel entzieht dem Boden außerdem Cadmium, das schließlich mit der Flugasche aus der Verbrennung entsorgt werden kann.

Julia Thurau

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