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Aus dem GERICHTSSAAL: Blauäugiger Fahrkartenkauf

Kontrolleur: Manipulierte Billigtickets werden derzeit massiv gehandelt

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Im April wurde Markus M.* auf dem Bahnhof Berlin-Köpenick von einem dubiosen Fahrscheinhändler gelinkt. Der verkaufte dem 21-Jährigen zum Preis von zehn Euro eine Wochenkarte für die S-Bahn. Der reguläre Preis beträgt gut das Dreifache. Markus M. freute sich über das vermeintliche Schnäppchen. Dass das Billett manipuliert worden war, will er allerdings nicht bemerkt haben. Seine Gutgläubigkeit fiel dem Waldstädter gestern schwer auf die Füße. Das Amtsgericht unter Vorsitz von Thomas Lange verurteilte den Arbeitslosen wegen „Erschleichens von Leistungen sowie versuchten Betruges“ zu drei Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Außerdem muss Markus M. 50 Stunden gemeinnützig arbeiten.

„Ich habe damals ein Praktikum bei einem Fahrradmechaniker in Berlin gemacht. Geld gab es nicht“, berichtete der unter anderem wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und gefährlicher Körperverletzung unter Bewährung Stehende. Die Zehn-Euro-Karte sei ihm sehr gelegen gekommen. „Ich habe sie bezahlt, eingesteckt und am 16. April entwertet.“ Drei Tage später habe ihm ein Kontrolleur zwischen Wannsee und Griebnitzsee eröffnet, der Fahrschein sei gefälscht und somit ungültig. „Ich musste ihn abgeben, Dafür habe ich eine Zahlungsaufforderung über 40 Euro erhalten“, so der Angeklagte. „Manipulierte Billigtickets werden derzeit massiv gehandelt. Die Verkäufer machen damit richtig Geld. Erst heute habe ich wieder drei Fahrgäste mit derartigen Karten erwischt“, erzählte der als Zeuge geladene Kontrolleur vor Gericht. Fahrgäste, die einem solchen Schwindel aufgesessen sind, würden beim nächsten Halt nicht des Wagens verwiesen. Allerdings müssten sie das „erhöhte Beförderungsentgelt“ von 40 Euro zahlen.

„Markus hat schon die düstersten Knastvorstellungen. Ich glaube ihm, dass er den Fahrschein nicht vorsätzlich gekauft hat“, versicherte seine Bewährungshelferin. Hauptproblem des gelernten Metallbearbeiters sei es gegenwärtig, einen Job zu finden, am liebsten als Fahrradmechaniker. „Doch da will man keinen Ungelernten. Und eine zweite Ausbildung bezahlt die Arbeitsagentur nicht.“

„Mir scheint, der Sinn einer Bewährung ist bei Ihnen noch nicht völlig angekommen“, mutmaßte die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft. „So unvorsichtig darf man in Ihrer Situation einfach nicht sein.“

Amtsrichter Thomas Lange ergänzte: „Bei jedem unbescholtenen Bürger wäre das Verfahren eingestellt worden. Sie allerdings müssen jetzt damit rechnen, dass Ihre erste Bewährung verlängert wird.“ „Strafe muss sein“, entgegnete Markus M. reumütig. „Eins weiß ich jedenfalls. So etwas mache ich nie wieder“. (*Name von der Redaktion geändert.) Hoga

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