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Umschubsen erlaubt. Auch die Unter 8-Jährigen kämpften verbissen.

©  Ingmar Höfgen

Sport: Blaue Flecken als Trophäe

Rugby hat mit dem Sanssouci-Pokal-Turnier in Potsdam eine feste Adresse für Nachwuchsteams aus ganz Deutschland

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Wenn Mütter ihre Kinder animieren, andere Kinder umzuschubsen; wenn es erlaubt ist, bis zum Zerreißen an den Sachen der anderen zu ziehen und wenn blauen Flecken und Beulen kein Grund zur Sorge, sondern kleine Trophäen sind – dann ist man beim Rugby. Am Pfingstwochenende wurde auf dem Sportgelände des USV Potsdam am Neuen Palais reichlich geschubst und gezogen, schließlich waren 22 Vereine mit 55 Teams aus ganz Deutschland beim 12. Sanssouci-Pokalturnier des USV dabei. Rund 600 Spieler zwischen acht und 16 Jahre sowie deren Trainer und Betreuer verwandelten das Areal in eine Rugby-Kolonie.

Mittendrin im Gewühle ist Corbinian Mitterer und sein Team – die U 12 des USV Potsdam. Corbi, wie seine Mitspieler ihn rufen, spielt seit anderthalb Jahren Rugby. Vorher hat er es mit Fußball versucht und mit Segeln. „Aber er hat bein Gewicht etwas zugelegt, er ist nicht gerade ein Leichtgewicht, was beim Segeln kein Vorteil ist", sagt seine Mutter, Christiane Mitterer. Beim Rugby indes verteidigt Corbi mit vollem Körpereinsatz den eiförmigen Ball: Das Leder fest umklammert läuft er über das Spielfeld, sieht die gegnerischen Spieler auf sich zustürmen und hält entschlossen seinen Körper dagegen. Er schiebt und zerrt, er pustet und schwitzt – aber er gibt das Ding nicht her. 8:0 gewinnt seine Mannschaft das erste Turnierspiel gegen den Hamburger Rugbyclub, auch das Team aus St. Pauli besiegen die Potsdamer beim zweiten Match des Tages. Am Ende das Turniers wird Corbis Team nach einer knappen Niederlage im Kampf um Platz drei Vierter werden.

„Nö“, sagt Corbi, Angst habe er nicht, wenn die Gegner auf ihn zulaufen und zum Tackling ansetzen. Er sehe sie ja kommen und wisse, was sie vorhaben. „Das ist auch der große Unterschied zum Fußball“, sagt Robert Westphal, der Trainer des USV-Nachwuchsteams. Den anderen Spieler zu Boden zu reißen, ist Teil des Spiels, „die Technik und das Spielverständnis vermitteln wir im Training“. Für den 27-Jährigen, der selbst seit seinem zehnten Lebensjahr Rugby spielt, sind die schnellen Fortschritte, die die Kinder bei regelmäßigem Training machen, das Reizvolle an seiner Arbeit.

Für Rainer Göres, Präsident des Brandenburger Rugbyverbandes, sind es vor allem Teamgeist und Disziplin, die diese Sportart auszeichnen. „Rugby ist ein harter Sport, sodass es ohne Regeln und vor allem Disziplin nicht geht“, betont er. Gerade für Kinder sei es eine gute Sportart, um Grundwerte wie Fairness und Regeltreue zu lernen. Göres repräsentiert sieben märkische Rugbyvereine mit rund 770 Mitgliedern. Als Begründer des Rugbys in Brandenburg gilt der ehemalige DDR-Nationalcoach Erwin Thiesies, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Hennigsdorf den ersten Verein gründete und später auch für die – noch heute bestehenden – Abteilungen in Velten, Leegebruch, Hohen Neuendorf und Potsdam verantwortlich war. Beim USV spielen von der U8 bis U14 vier Nachwuchsmannschaften, ein Team der Alten Herren sowie eine Männermannschaft. Letztere ist im Viertelfinale der zweiten Bundesliga ausgeschieden und wird aufgrund von Personalsorgen nach jetzigem Stand in der nächsten Saison in der Regionalliga spielen.

Spielklassen, Auf- oder Abstiege interessieren Corbi noch nicht. Ein- bis zweimal im Monat spielen die Nachwuchsteams auf Turnieren. Zweimal acht Minuten rackern die Rugby-Kids dann in dem 40 mal 60 Meter großen Spielfeld, um den Ball hinter einer Linie auf der Seite des Gegners, dem Malfeld, abzulegen. Das heißt für die Spieler viel Laufen, Schieben, Schubsen, Zerren und Ziehen. „Ich bin Stürmer“, erklärt Corbi seine Position. „Ich versuche durch die Reihe des Gegners durchzubrechen und Druck zu machen. Und wenn ich es nicht schaffe, passe ich zurück auf meine Hintermannschaft“, sagt er. „Danach bin ich total ausgepowert, und ich hab das Gefühl, gute Arbeit gemacht zu haben.“ Ein Umstand, den auch seine Mutter schätzt. „Jetzt hat er endlich was, wo er seine Kraft und Energie loswerden kann“, sagt sie. Zweimal in der Woche geht Corbi zum Training, bei dem er immer mal für einen Witz und Streich zu haben ist, wie Coach Westphal sagt: „Aber sobald Corbi im Spiel ist, ist er Feuer und Flamme.“ Peter Könnicke

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