Landeshauptstadt: Bleiglas für die Authentizität
Erkerfenster des Schlosses Cecilienhof wird neu verglast
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Erkerfenster des Schlosses Cecilienhof wird neu verglast Von Erhart Hohenstein Nauener Vorstadt. Ein Probefeld kündigt im Schloss Cecilienhof die Erneuerung des aus 96 Scheiben bestehenden Erkerfensters in der ehemaligen kronprinzlichen Wohnhalle an, die 1945 als Konferenzsaal für die Verhandlungen der „großen Drei“ über die Nachkriegsordnung in Deutschland, Europa und darüber hinaus diente. Zur Parkseite hat die Außenfassade ihre etwa 30 originalen, bleiverglasten Fenster bereits fast vollständig zurückbekommen. Sie waren nach 1945 durch einfachere ersetzt worden, um das begehrte Blei der Fassungen bergen und in dieser Notzeit für andere Zwecke verwenden zu können. Das aufwändige Diamantmuster der Scheiben, das im Innenhof an Erkern noch erhalten ist und das der Architekt auch für die Wohnhalle vorgesehen hatte, wird allerdings nicht wiederhergestellt, sondern die anhand von historischen Fotos nachweisbare Rechteckverglasung. Schlosskastellan Harald Berndt hofft, dass der Einbau zu Saisonbeginn abgeschlossen sein wird. Dies gebe dann „ein viel authentischeren Eindruck von dem bedeutendsten Raum des Schlosses“. Die Touristen finden nun im rechten Torhaus die neu eingerichteten Kassen- und Verkaufsräume, letztere werden voraussichtlich zu Saisonbeginn durch die Museumsshop GmbH übernommen. Zudem wird die unansehnliche und bei Regen von Pfützen übersäte Vorfahrt des Schlosses nach hartnäckigem Drängen Berndts saniert und neu gestaltet. Der gebürtige Oberlausitzer, gelernter Kartograph und seit 1994 Kastellan der Schlosses Cecilienhof, freut sich über jede Verbesserung im letzten Hohenzollernschloss, das viele Jahrzehnte vor allem als Stätte der Potsdamer Konferenz, weniger als Baudenkmal wahrgenommen worden war. Auch 2003 interessierten sich die meisten der fast 180 000 Besucher mehr für dieses politische Ereignis als für das Schloss als Wohnstätte des letzten deutschen Kronprinzenpaares Wilhelm und Cecilie. Dies fordert die Sensibilität der Schlossführer, denn ein deutscher Vertriebener wird die Beschlüsse des Potsdamer Abkommens durchaus anders sehen als der Nachkomme eines sowjetischen Offiziers oder ein Japaner, der den Ort mit dem Befehl Trumans für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki verbindet. Sachliche Faktenvermittlung, die nicht belehrend oder wertend sein sollte, sei deshalb bei den Schlossführungen der beste Weg, meint Harald Berndt. Hauptinteressenten aus dem Ausland sind nach wie vor US-Amerikaner und Japaner. „Viele Japaner trampen als Rucksacktouristen mutterseelenallein durch Europa und lassen Cecilienhof dabei auf keinen Fall aus“, hat der Kastellan beobachtet. Die doppelte geschichtliche Bedeutung Cecilienhofs wirkt sich auch auf Restaurierungsentscheidungen aus. So war der Rote Salon sowohl Schreibkabinett der Kronprinzessin wie 1945 dann Stalins Arbeitszimmer. Er wird deshalb bei der bevorstehenden Restaurierung nicht auf den Zustand der Entstehungszeit, sondern auf eine spätere Fassung zurückgeführt, die sowohl in der Kronprinzenzeit als auch während und nach der Potsdamer Konferenz vorhanden war. In diesem Jahr wird das Schloss Cecilienhof nicht mit einer großen Sonderveranstaltung die Blicke auf sich ziehen. Das hebt sich die Stiftung für 2005 auf, wenn sich der Abschluss des Potsdamer Abkommens zum 60. Mal jährt. Dennoch lässt die für das Marmorpalais angekündigte Exposition zum 50. Todestag der Kronprinzessin Cecilie das nach ihr benannte Schloss nicht unberührt. Die Privaträume des Kronprinzenpaares sollen dann nicht nur zweimal täglich, sondern stündlich gezeigt werden. Auch im Interesse wieder ansteigender Touristenzahlen will die Stiftung im Schloss Cecilienhof die Besucherfreundlichkeit weiter verbessern. Dazu bietet der vollzogene Ausbau des Ticket- und Shopbereiches – früher Wohnung des Gouverneurs und zeitweise von Prinz Friedrich – gute Möglichkeiten. Wenn die Museumsshop GmbH den Verkauf übernimmt, wird eine zweite Mitarbeiterin Berndts für die Kasse frei. Gruppen und Individualbesucher können dann getrennt abgefertigt werden. Das spart Zeit und erübrigt die Frage, ob das früher als Verkaufsraum dienende Schlossvestibül nicht als Aufenthaltsraum für sonst im Freien auf Einlass wartende Besucher genutzt werden könnte. Dort werden zurzeit die Einbauten entfernt, Heizung und Beleuchtung aus DDR-Zeiten demontiert und neu installiert, die Holzverkleidung restauriert und der Anstrich originalgerecht erneuert. „Das Vestibül soll wieder werden, was es war: Das Entree ins Schloss und damit der erste Raum der Führung“, begründet der Kastellan die Entscheidung. Berndt weiß, dass trotz dieser Verbesserungen, die sich auch auf den Ausbau von Aufenthaltsräumen für sein etwa 20-köpfiges Personal erstrecken, ein Hauptproblem zu lösen bleibt: die Sanierung des Daches und des Dachstuhls des Schlosskomplexes. Nicht zuletzt durch den Einsatz ungeeigneter Holzschutzmittel in der DDR-Zeit sind daran große Schäden entstanden. Auch in diesem Fall hofft der Kastellan, dass die Schlösserstiftung die Kraft und die Mittel aufbringt, die Sanierung ab 2005/06 in Angriff zu nehmen.
Erhart Hohenstein
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