Landeshauptstadt: Blick in den Himmel
Entwicklungsträger und Urania luden zur Himmelsbeobachtung in den Volkspark – gegen die Wolken half das Planetarium
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Entwicklungsträger und Urania luden zur Himmelsbeobachtung in den Volkspark – gegen die Wolken half das Planetarium Von Henner Mallwitz „Das ist ja einmalig“, entfuhr es Michael Becker, und auf einmal wurde aus dem gestandenen Mann ein begeistertes Kind, das voller Bewunderung in den Sternenhimmel schaute. So wie ihm erging es am Dienstagabend allen, die sich auf den Weg zum Beobachtungsabend in den Volkspark gemacht hatten. Die Sonne tauchte dort zwar blutrot hinter den Häusern am Buga-Gelände ein – von der Sternenpracht, die der Himmel im Frühling über Potsdam bereit hält, war jedoch nichts zu sehen. Wolken über Wolken, die nicht einmal die strahlende Venus durchschimmern ließen. Also umplanen, ab ins unweit gelegene Planetarium im Neuen Garten, und das war wohl auch gut so. Denn die Technik in dem runden Kuppelraum gewährte Einblicke, die live so kaum möglich gewesen wären. Und Planetariums-Chef Rolf König wusste seine Zuhörer zu begeistern. Langsam ließ er die Sonne untergehen, zauberte einen wunderschönen Abendhimmel an die Decke und räumte erst einmal mit einem volkstümlichen Vorurteil auf. „Die Sonne wandert natürlich nicht, die Erde dreht sich nur.“ Und erklärte, warum sie bei ihrem „Untergang“ zumeist in prächtigem Rot erstrahle. Das liege am Wassergehalt in der Luft, erzählte er seinem interessierten Publikum: „Deshalb ist dieses Ereignis am Meer auch besonders schön.“ Warum denn die Sonne obendrein beim Auf- und Untergang so riesig erscheine? Auch hier ließ die Antwort nicht lange auf sich warten: Durch den längeren Weg des Lichtes, den es durch die Atmosphäre nehmen muss, werde es gebrochen. Ein einfacher physikalischer Vorgang, der einen solch großen Reiz mit sich bringe. Fünf Planeten sichtbar Derzeit, so König, könnten vier Planeten am Himmel beobachtet werden. Die Venus am westlichen Horizont, die ganz helle, der „Abendstern“. Darunter der Mars, der rote Planet. „Wo kommt seine Farbe eigentlich her“, wurde aus der Dunkelheit gefragt. Und König erzählte. Vom Eisenoxid, vom Rost. „Früher wurde das mit Blut in Verbindung gebracht“, so der Fachmann. „Deshalb gilt der Mars auch als der Kriegsgott.“ Auch den Saturn zeigte er. Den eindrucksvollen Planeten mit seinem Ring aus Staub und Gasen, der einen Durchmesser von mehreren 100000 Kilometern hat und zurzeit gut mit dem Teleskop zu beobachten ist. Und schließlich der Jupiter. „Auf ihm konnte ich vorgestern sogar eine Sonnenfinsternis beobachten“, erzählte ein Zuhörer den anderen. Auch die Tierkreissternbilder erwähnte Rolf König natürlich, aber der wohl nie enden wollende Disput zwischen Astronomen und Astrologen war herauszuhören. Nein, ein wahrer Wissenschaftler könne davon eher wenig halten. „Schlagen Sie doch bitte morgen einmal drei verschiedene Tageszeitungen auf. In jeder wird Ihnen etwas anderes über ihren heutigen Tag erzählt“, versuchte er sein Publikum zu überzeugen. Das hörte gespannt zu – keiner widersprach. Im Himmel über Potsdam, so König, könnten bis zu 4000 Sterne mit bloßem Auge beobachtet werden. 88 Sternbilder – sie haben übrigens nahezu in jedem Teil der Welt andere Namen – würden in dem Meer der Himmelskörper zu finden sein, und inzwischen sei es auch schon längst keine Seltenheit mehr, einen Satelliten am Nachthimmel zu erspähen. „Mehrere 1000 von ihnen umkreisen die Erde“, erklärte König. Besonders eindrucksvoll sei vor allem die internationale Raumstation ISS. Ihre riesigen Sonnensegel seien bei klarer Sicht sogar mit einem guten Feldstecher als kantige Umrisse zu erkennen. Sterne über Kapstadt Aber König blieb nicht nur in Potsdam: Mit dem Planetariums-Projektor, der in den 80er Jahren von Zeiss in Jena gebaut und inzwischen modern aufgerüstet wurde, wanderte er durch die Welt. Seine staunenden Gäste sahen den Nachthimmel über Kairo und die Sterne über Kapstadt. „Schau dir die phantastische Milchstraße an“, war zu hören. Auch unser Nachbar-Sternsystem Alpha Centauri war zu sehen. Mit der heutigen Technik, so der Planetariumsleiter, bräuchte man rund 60000 Jahre, um ihn zu erreichen. Und erst der Andromedanebel – hell leuchtend. Das Licht, das die Menschen von ihm sehen, ist bereits mehr als eine Million Jahre alt. Schließlich wurde es wieder hell über Potsdam, künstlich brach der Tag an. Über der Silhouette der Stadt, die vom einstigen „Haus des Handwerks“ unweit der Wilhelmgalerie rundum fotografiert und dann ausgeschnitten wurde. Die nächste Veranstaltung dieser Art will das Urania-Planetarium zusammen mit dem Entwicklungsträger Bornstedter Feld am 11. Mai um 20 Uhr wieder im Volkspark durchführen. „Hoffentlich dann ohne Wolken“, sprach König den Gästen aus dem Herzen. Denn viele von ihnen werden sicherlich beim nächsten Mal wieder dabei sein. Ganz bestimmt auch der Dahmsdorfer Michael Becker, der zusammen mit seinem Kumpel Robert Sanitz angereist war. „Für solch einen Abend mache ich mich gern auf den Weg“, sagte der begeisterte Hobby-Astronom. „In meinem Garten habe ich selbst ein Teleskop, mit dem ich mir regelmäßig das Treiben da oben anschaue.“ Einen kleinen Wermutstropfen brachte der Abend für ihn leider dann doch noch mit: Im Gespräch mit dem Astronomie-Fachmann Herbert Einsporn vom Potsdamer Planetarium stellte dieser fest, das man ihn beim Kauf seines Teleskops ein wenig übers Ohr gehauen hatte. Nun weiß der etwas enttäuschte Sternengucker zumindest, dass er die Himmelskörper statt mit 700- nur mit 300-facher Vergrößerung sieht.
Henner Mallwitz
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