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Landeshauptstadt: Blick in die Mondkrater

Zehn Jahre Förderverein Großer Refraktor e.V.

Stand:

Als der große Refraktor auf dem Telegrafenberg im Mai 2006 wieder den Blick in die Sterne richten konnte, war das für Dr. Ernst-August Gußmann und seine Mitstreiter die Krönung jahrelanger Bemühungen. „Beharrlichkeit und Glück“, sagt er, hatten dazu geführt, dass eines der größten Linsenteleskope der Welt wieder einen Blick in die Mondkrater oder die Saturnringe möglich macht. Zehn Jahre alt wird dieser Tage der „Förderverein Großer Refraktor Potsdam e.V.“, dessen Vorsitzender Gußmann vom ersten Tage an ist. Ein Verein im Glück.

Als sich die sieben Gründungsmitglieder 1997 zu dieser Initiative entschlossen, war das Instrument auf dem Telegrafenberg ein „dahinsiechender Patient“, wie es Gußmann ausdrückt. Die großen Linsen waren trübe, die Mechanik bewegungslos und Rost breitete sich aus. Dabei näherte sich unaufhaltsam der Zeitpunkt für ein nicht alltägliches Jubiläum 1999: 100 Jahre Refraktor. „Wir wollten das Fernrohr zu diesem Jubiläum nicht als Ruine präsentieren“, nennt Gußmann das Motiv für das Engagement der Vereinsmitglieder, die wie er beruflich mit der Astronomie verbunden waren. Mittels „Bettelbriefen“ und anderen Initiativen gelang es dem Verein, wenigstens die Mittel zusammenzubekommen, um den Refraktor äußerlich zu entrosten und mit einem dem Original sehr nahe kommenden Anstrich zu versehen. „Bessern wir es aus oder lieber nicht“, sei eine viel diskutierte Frage gewesen, erinnert sich der Vereinsvorsitzende. „Was wollt Ihr denn, das Fernrohr sieht doch gut aus“, hatte manch einer nach der äußeren Restaurierung gesagt. Doch der Verein hatte sich zum Ziel gesetzt, das einmalige Instrument, das bereits seit 1983 ein anerkanntes technisches Denkmal ist, wieder funktionsfähig zu machen. „Damals eine Utopie“, sagt Gußmann. Kaum einer hatte geglaubt, dass diese bereits 2006 Wirklichkeit werden könnte. Eine starke öffentliche Wirkung erreichte der Verein durch Führungen in der Refraktorkuppel und über den Telegrafenberg. Zu den Tagen des offenen Denkmals zog das Refraktorgebäude Tausende von Interessenten an. Dabei stand immer die Frage im Raum, wann das Teleskop wieder einsatzfähig sein würde. Aus vielen Einzelspenden, die zum Teil in den „Opferstock“ an den Tagen der offenen Tür geworfen wurden, schuf sich der Verein einen finanziellen Grundstock. Über 50 000 Euro kamen so zusammen. Doch für die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Teleskops war weit mehr als das Zehnfache erforderlich.

Den Ausschlag gab der gute Kontakt des Fördervereins mit der städtischen Denkmalpflege und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Von Letzterer kam eines Tages die Anfrage einer potenziellen Spenderin, die eine größere Summe für ein technisches Denkmal geben wollte. Gerda Neese, Stifterin der Pietschker-Neese- Stiftung, ist es zu verdanken, dass nach einer Vorstellung vor Ort die notwendigen Mittel für die Wiederherstellung zur Verfügung standen. „Eine gute Fee hat sich des Refraktors angenommen“, sagte Gußmann bei der Wiedereinweihung am 31. Mai 2006. Etwa 800 000 Euro sind in die Restaurierung geflossen. Zum Vergleich: 600 000 Goldmark hatte seine Errichtung zu Kaisers Zeiten gekostet. Fast vier Jahre hat die Firma 4H-Jena-Engineering gebraucht, um das astronomische Gerät wieder funktionsfähig zu machen. Gußmann erwähnt, dass die zahllosen Einzelteile größtenteils original erhalten werden konnten.

Das Hauptziel des Fördervereins ist im zehnten Jahr seines Bestehens erfüllt. Doch weiter besteht die Aufgabe, das einmalige Gerät als lebendiges technisches Denkmal zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit einem Tag der offenen Tür am 3. März und einer anschließenden Beobachtung der Planten Venus und Saturn sowie der totalen Mondfinsternis in den Nachtstunden begeht der Förderverein auf seine spezifische Art sein zehnjähriges Jubiläum. Günter Schenke

Günter Schenke

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