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Flammender Trick. Schauspielerin Christel Bodenstein mit Schülern des Babelsberger Filmgymnasiums.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Blick in die Trickkiste

Schüler des Filmgymnasiums Babelsberg produzieren eine Dokumentation über Spezialeffekte

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Verzweifelt steht die Prinzessin vor dem Ring aus Feuer. Laut ertönt das gehässige Lachen des bitterbösen Zwerges, der über den Flammen kreist, die den Weg zum Zauberbäumchen versperren. Doch dann fasst die Prinzessin Mut und tritt durch die züngelnden Flammen. Sie umgreift das klingende Bäumchen, der garstige Zwerg versinkt schreiend und zappelnd im Boden. Wer kennt sie nicht – die Schlüsselszene des DEFA-Märchenfilms „Das singende, klingende Bäumchen“ aus dem Jahr 1957. Die Schauspielerin Christel Bodenstein spielte die hochmütige, eitle Prinzessin, die erst durch ihre Verwandlung in ein hässliches Mädchen lernt, gut zu Menschen und Tieren zu sein.

Heute steht Christel Bodenstein wieder vor der Kamera – diesmal für einen Dokumentarfilm, den die Schüler der zwölften und 13. Klassen des Filmgymnasiums Babelsberg drehen. Mit welchen Tricks arbeiten die Filmleute, mit welchen „Special Effects“ erzeugen die Meister der Illusionen Bilder, die dem Zuschauer einen gefrierenden Wasserfall, eine plötzliche Verwandlung – oder eben einen brennenden Feuerkreis vorgaukeln? Diesen und anderen Fragen wollen die Schüler in ihrer Dokumentation nachgehen. Dabei werden sie Experten des Filmtricks, wie den Puppentrickanimator Heiko Ebert („Hans Röckle und der Teufel“) oder den Trickkameramann Erich Günther („Das Schulgespenst“) über ihre Filmkniffe ausfragen.

Filmlehrerin Heike Ludwig und Filmkoordinator Uwe Fleischer entwickelten das Filmkonzept, das an die Tradition der Umsetzung von Filmtricks im Babelsberger Filmstudio von 1912 bis heute anknüpfen soll. „Die Schüler sollen die Grundlagen der Kinematografie kennenlernen“, erklärt Uwe Fleischer. Dazu gehörten auch Filmtechnologien aus vergangenen Zeiten. Wer dabei eher an einen Blick in die Mottenkiste denkt, liegt falsch. Denn viele der alten Verfahren würden heute noch – wenn auch mit verbesserten Methoden – angewendet, so Fleischer, der sich als ehemaliger Chef der DEFA-Trickabteilung bestens auskennt. Möglich wird die Filmproduktion, die im Rahmen des Unterrichts stattfindet, durch die Förderung von Kulturland Brandenburg e.V.

Christel Bodenstein ist frisch gepudert, das Licht ist eingestellt, das Mikrofon an seinem Platz. Die Kamera läuft. Jeder Schüler hat seine Aufgabe. „Was können sie uns über ihre Rolle in ’Das singende, klingende Bäumchen’ erzählen?“, fragt Schülerin Marie Philipp die Schauspielerin. Gerade einmal 18 Jahre alt und im ersten Studienjahr an der Filmhochschule sei sie gewesen, als sie die Rolle bekam. „Das war natürlich toll, ich habe schon als Kind immer Prinzessin gespielt.“ Dabei habe die Gardine des Kinderzimmers als Schleppe herhalten müssen, erinnert sich die Schauspielerin. Dass die Popularität des Märchenfilms mit dem Zauberbäumchen nach wie vor ungebrochen sei, liege auch an den „großartigen Tricks“, die Trickkameramann Ernst Kunstmann geschaffen habe, ist Bodenstein überzeugt.

„Ich habe den Film schon tausendmal gesehen“, gesteht auch Marie Philipp. Dass sie nun ausgerechnet die Märchenprinzessin Christel Bodenstein interviewen dürfe, sei „ein Privileg“, so die 18-Jährige. Seit drei Wochen arbeiten die Schüler an ihrem Filmprojekt, für das sie wöchentlich vier Stunden Zeit investieren. Annina Kleickmann und Kevin Anders finden es besonders spannend, dabei einmal hinter die Kulissen zu blicken und zu erfahren, wie Filmtricks tatsächlich funktionieren. „Und die Menschen kennenzulernen, die daran beteiligt waren“, fügt Kevin Anders hinzu. Auch wenn die Arbeiten an der Dokumentation noch nicht abgeschlossen sind, steht der Termin für die Premiere bereits: Sie soll am 11. November im Filmmuseum Potsdam stattfinden.

Natürlich wollen die Schüler von Christel Bodenstein wissen, wie denn nun der Trick mit den Flammen funktioniert hat. Zur Erklärung nimmt die Schauspielerin ein kleines Modell in die Hand und drückt auf einen Knopf. Die Stoffbänder, die zuvor über den Rand der Halbkugel hingen, flattern nun empor. Nicht anders sei es im Film gewesen, erklärt Bodenstein. Über ein starkes Gebläse im Boden seien Seidenbänder in die Höhe getrieben worden, die dann als züngelnde Flammen in Erscheinung getreten seien. Doch ihr Lieblingstrick sei ein anderer gewesen: „Die Verwandlung ins Hässliche, das hat viel Spaß gemacht!“, sagt sie lachend. Denn: „Immer nur schön sein – das ist anstrengend.“

Heike Kampe

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