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Landeshauptstadt: Blick vom Rebenweg auf blühende Gärten

Die Kleingartenanlage „Bergauf“ ist auch wegen ihrer Vereinsgaststätte ein Anziehungspunkt für Touristen

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Die Kleingartenanlage „Bergauf“ ist auch wegen ihrer Vereinsgaststätte ein Anziehungspunkt für Touristen Von Erhart Hohenstein Einst wurden die Süd-, West- und Osthänge des Pfingstbergs für den Weinbau genutzt. 1786 gab es hier und im Gebiet des späteren Neuen Gartens 40 mit Reben besetzte Grundstücke. Als Potsdam zur Jahrtausendwende die Bundesgartenschau zugesprochen wurde, sollte an diese Tradition erinnert werden. Die Buga-Macher suchten dafür die am Pfingstberg gelegene Kleingartensparte „Bergauf“ aus und gewannen den bekannten Werderaner Weinbauer Werner Lindicke für die Umsetzung des Vorhabens. Er wählte einen Gartenweg an der besonnten Begrenzungsmauer zum Wasserhochbehälter aus, um in je vier bis fünf Exemplaren Weinstöcke unterschiedlicher, mit Namen beschilderter Sorten zu pflanzen. Aus Fördermitteln wurde eine computergesteuerte Bewässerungsanlage hinzugefügt. Der Wasserbetrieb stellte einen Zipfel seines Geländes für die Einrichtung eines Aussichtspunktes zur Verfügung, von dem der Blick über die blühenden Gärten weit in die Landschaft schweift. „Bergauf“ übernahm den so entstandenen „Rebenweg“ in Pflege. Dafür sorgt Spartenmitglied Siegfried Schenkel, ein gelernter Gärtner. Hin und wieder schaut Lindicke vorbei und gibt Ratschläge. Der Rebenweg spiegelt auch ein Stück Vereinsgeschichte wieder. Bis in die 60er Jahre wurde auf einigen Parzellen noch Wein angebaut, weiß der heutige Vorsitzende Günter Ritter. Jetzt wird allerdings die sonnige Hanglage vielfach für Aprikosen- und Pfirsichbäume genutzt. „Im vorigen Jahr hatten wir eine solche Schwemme, dass viele gar nicht wussten wohin mit den Früchten“, berichtet Ritter. Der mittlerweile 64-Jährige hat den Vorsitz vor vier Jahren übernommen. „Weil ich einen Sprachfehler habe“, meint er. „Ich kann nicht Nein sagen.“ Allerdings war er schon lange vorher eine Stütze des Vereins: als Betriebsleiter der Baustoffversorgung. Das erleichterte es in der DDR-Zeit doch wesentlich, Anfang der 80er Jahre aus eigener Kraft die Vereinsgaststätte „Am Pfingstberg“ zu errichten, die inzwischen über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Dazu hat nicht zuletzt die Pächterfamilie Kade beigetragen, die das Lokal seit 1990 führt – sieben Jahre die Mutter, die aus dem Stadtcafé in Werder kam, seit sieben Jahren nunmehr Sohn Mario Kade. Sie haben nicht nur eine sechsstellige Summe in den Ausbau und die Modernisierung der Gebäude gesteckt – Mario ist auch ein engagierter Gastronom, weit entfernt vom Klischee des „Gartenkneipers“ mit Schnitzel, Spiegelei und Bockwurst. Zwei gestandene Küchenmeister, die sich deutlich von experimentierfreudigen „Newcomern“ der Szene unterscheiden, bringen saisonale Angebote, jetzt natürlich Spargel, Fisch und Wild auf den Tisch. Spezialität des Hauses ist der durch Altbundeskanzler Kohl bekannt gewordene Saumagen, den Kade original von einem Fleischer in der Pfalz bezieht. Eine Goldgrube sei seine Gaststätte nicht, schränkt der Wirt ein, wo gebe es das heute noch in der Gastronomie. Aber er kommt zurecht, auch nach Wiedereröffnung der nahe gelegenen Meierei als Ausflugslokal. „Wettbewerb belebt das Geschäft“, äußert er selbstbewusst. Dennoch wünschen sich Kade und vor allem Günter Ritter, dass das Vereinsleben wieder mehr Schwung bekommt, denn dafür ist die Gaststätte ja einst gebaut worden. „Bis zum Ende der DDR-Zeit waren wir eine verschworene Gemeinschaft, die nach getaner Arbeit auch zu feiern verstand“, erinnert sich der Vorsitzende. Heute gingen viele Mitglieder ausschließlich ihrem Eigeninteresse nach.

Erhart Hohenstein

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