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Aus dem GERICHTSSAAL: Blinde Wut

Duo verfolgte Autofahrer und beleidigt ihn / Geldstrafe

Stand:

„Sie waren blind vor Wut und sind eindeutig über das Ziel hinausgeschossen“, stellt Amtsrichterin Monika Holk klar und verurteilt Manuel M.* (26) und Sebastian S. (25) wegen gemeinschaftlicher Nötigung zu Geldstrafen von je 400 Euro. Außerdem kommen bei Sebastian S. noch 100 Euro wegen Beleidigung dazu. Das Duo übte am 18. August vorigen Jahres ganz offensichtlich Selbstjustiz, auch wenn das aus Sicht der jungen Männer anders aussieht. Erbost darüber, dass sie auf ihrem Weg in die Innenstadt auf einer Fahrländer Kreuzung von einem anderen Auto auf den Seitenstreifen abgedrängt wurden und – wie sie glaubten – einen Baum touchierten, verfolgten Manuel M. und Sebastian S. den vermeintlichen Verkehrsrowdy mit Lichthupe, um ihn zur Rede zu stellen. Bei einem Ampelstopp in der Amundsenstraße, so Beifahrer Manuel M., sei er aus dem Ford Fiesta seines Kumpels gesprungen, habe sich vor das Fahrzeug des Kontrahenten gestellt, weil er ihn an der Weiterfahrt hindern wollte. „Ich bin davon ausgegangen, dass ich den Baum berührt habe und mein Fahrzeug beschädigt ist“, ergänzt Sebastian S. „Für mich beging der Mann eindeutig Fahrerflucht.“ Eigentlich hätten sie die Polizei rufen wollen. Doch der mutmaßliche Unfallverursacher sei ihnen zuvorgekommen. „Er hat mich als Exemplar bezeichnet“, beschwert sich Sebastian S. „Da habe ich ihn Fleischwurst genannt.“

„Das Fahrzeug der Angeklagten klebte fast an meiner Stoßstange. Im Rückspiegel sah ich zwei Gesichter, die vor Aggression sprühten“, erinnert sich Karl-Heinz K.* (57) auf dem Zeugenstuhl. „An der Kreuzung Potsdamer Straße/Amundsenstraße sprang der Beifahrer aus dem Auto, hämmerte auf die Motorhaube meines Wagens, schlug gegen die Scheiben, zerrte an den Türgriffen und rief: Komm raus, du Arschloch.“ Der Fahrer habe ebenfalls an den Türgriffen gezogen, sich allerdings weniger wild gebärdet. Er schlösse einen Fahrfehler nicht aus, räumt der Zeuge ein. Allerdings sei die Reaktion der Angeklagten völlig unangemessen gewesen.

„Als wir die Personalien aufgenommen hatten und der Sachverhalt geklärt war, sind wir zu der angegebenen Unfallstelle gefahren“, berichtet der Polizeibeamte Matthias B. (25) vor Gericht. Es habe keine Kollision mit einem Straßenbaum gegeben, auch keinen Schaden am Ford Fiesta von Sebastian S., jedoch eine deutlich sichtbare Fahrspur auf dem unbefestigten Seitenstreifen. „Wenn Sie wieder einmal in so eine Situation kommen, merken Sie sich einfach das Kennzeichen und erstatten eine Anzeige“, gibt die Staatsanwältin den beiden Hitzköpfen mit auf den Weg. Die räumen nun ein, „vielleicht übertrieben“ gehandelt zu haben. (*Namen geändert.) Hoga

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