Aus dem GERICHTSSAAL: Blitzschnelle Wachtmeister
72-facher Betrüger wollte nach Urteilsspruch flüchten
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Aus dem GERICHTSSAAL72-facher Betrüger wollte nach Urteilsspruch flüchten Wortreich beteuerte Oliver P. (28) gestern in seinem letzten Wort, nunmehr ein besserer Mensch zu werden. Als er den Urteilsspruch des Schöffengerichts – zwei Jahre Gefängnis – vernahm, versuchte er allerdings, aus dem Verhandlungssaal zu flüchten. Doch zwei am Ausgang platzierte Justizbedienstete waren schneller, rangen den hageren Mann blitzschnell zu Boden, legten ihm Hand- und Fußfesseln an. Wenig später war der des gewerbsmäßigen Betruges mit EC-Karten in 72 Fällen sowie dreifacher Urkundenfälschung Überführte bereits wieder auf dem Weg in die Brandenburger Haftanstalt, wo er gegenwärtig eine widerrufene Bewährungsstrafe absitzt. 20 Seiten umfasste die von Staatsanwalt Niemann verlesene Anklageschrift, der dafür exakt 40 Minuten brauchte. Oliver P. räumte bereitwillig ein, zwischen dem 30. November 2003 und dem 5. Februar 2004 mit gestohlenen EC-Karten in Potsdam und Umgebung Kleidung, Lebensmittel, Werkzeug, elektronische Geräte, aber auch Hundefutter, Modellautos, Schlittschuhe, Medikamente sowie Kosmetika erworben und einen Gesamtschaden von 7700 Euro verursacht zu haben. Begleitet wurde er auf seinen Einkaufstouren von zwei Kumpels, weshalb die Staatsanwaltschaft ursprünglich von bandenmäßiger Begehungsweise ausging. Da der Angeklagte versicherte, jeweils nur einen Bekannten pro Beutezug mitgenommen zu haben, laut Rechtsprechung aber mindestens drei Personen zu einer Bande gehören, musste die Anklage in diesem Punkt revidiert werden. Die unrechtmäßig erworbenen Waren wurden entweder selbst verwendet oder wieder umgetauscht, um in den Genuss von Bargeld zu gelangen. Mit diesem – so der drogenabhängige Angeklagte – habe er seinen Kokainkonsum finanziert. Als er seine jetzige Verlobte kennen lernte, habe er ihr Geschenke gemacht, die er sich als Arbeitsloser nicht hätte leisten können. Nachdem sie ihm offenbarte schwanger zu sein, habe er aus der Sache aussteigen wollen. „Es ist zum Schluss ausgeartet“, schätzte der unter anderem wegen zahlreicher Diebstähle, mehrfachen Betruges, Unfallflucht, Zuhälterei sowie Erwerbs von Kokain Vorbestrafte ein. Dann gab es da noch die Anklage wegen Urkundenfälschung. „Ich wollte mir eine neue Identität zulegen“, begründete Oliver P. den Missbrauch der persönlichen Daten eines Bekannten, in dessen Person er schlüpfen wollte. Es gelang ihm sogar, von den Behörden einen auf den falschen Namen ausgestellten Personalausweis sowie eine Fahrerlaubnis zu erhalten – seine eigene war ihm wegen Trunkenheit am Steuer entzogen worden. Der Staatsanwalt hielt dem Angeklagten sein Geständnis zugute, kritisierte allerdings die Professionalität, mit der er und seine Kumpane zu Werke gingen. Sein Antrag: Zwei Jahre und neun Monate Haft für Oliver P., der bislang stets andere für sein Pech im Leben verantwortlich machte. Hoga
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