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Aus dem GERICHTSSAAL: „Blöde Kuh“ kostete 500 Euro

„Ich würde mich zähneknirschend entschuldigen!“

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„Das Marktgeschehen stand still. Ich fühlte mich zu Unrecht an den Pranger gestellt“, berichtet Hannelore H. (68, Name geändert) noch immer empört. Nachdem sie am 26. Juli 2007 auf dem Bassinplatz beim Einparken ein anderes Auto leicht an der Stoßstange berührte, sei sie einkaufen gegangen. Schließlich habe sie keinen Schaden an dem touchierten Fahrzeug bemerkt. „Als ich zurück kam, brüllte eine Frau: Sie haben ein Auto beschädigt. Das ist Fahrerflucht! Da habe ich zurückgeschrien: Blöde Kuh, gehen Sie doch zur Stasi“, erzählt die Rentnerin, die den größten Teil ihres Lebens in Westdeutschland verbrachte. „Da trafen zwei Sozialisationen aufeinander.“ In ihrer Erregung habe sie danach „allgemein über die Aufpassermentalität der Ostdeutschen räsoniert“, mit der sie in der Vergangenheit leidvolle Erfahrungen gesammelt habe. Allerdings stimme nicht, dass sie die betreffende Zeugin als „Ostkuh“ und „Stasischlampe“ betitelt, umstehende Passanten „Stasischweine“ und „Drecksossis“ genannt habe, beteuert die wegen Beleidigung Angeklagte. „Solche primitiven Äußerungen sind nicht mein Stil. Und ich habe auch keine Körperverletzung begangen“, trumpft Hannelore H. auf. „Ich habe meine Hand lediglich beruhigend auf den Arm dieser Frau gelegt. Ich verstehe nicht, wieso mir daraus eine Straftat zur Last gelegt wird.“

Amtsrichterin Ahle versucht, die Aufgebrachte zu beruhigen. „Haben Sie sich inzwischen bei der von Ihnen beleidigten Dame entschuldigt?“, fragt sie. Dafür sieht die Angeklagte keinen Grund. „Ich bedaure, dass ich mich zu der bewussten Äußerung hinreißen ließ. Aber nach dieser Anschuldigung habe ich keinen Anlass für eine derartige Geste gesehen“, stellt die am Neuen Garten Wohnende klar. „Wenn Sie das anregen, würde ich zähneknirschend darauf eingehen.“

Wer die Polizei an den Ort des Geschehens rief, vermag Hannelore H. nicht zu sagen. Eines jedoch weiß sie sicher: „Es wurden wegen der schlechten Erkennbarkeit des vermeintlichen Schadens keine Fotos gefertigt.“ Der Besitzerin des angerempelten Autos soll laut Aktenlage ein Schaden von 200 Euro entstanden sein.

Der Verteidiger regt an, das Verfahren gegen seine Mandantin einzustellen. „Es ist schon ehrverletzend, wenn einen jemand in aller Öffentlichkeit der Fahrerflucht bezichtigt“, betont er. Hannelore H. sei bislang straffrei durchs Leben gegangen. Und gar so jung sei sie ja auch nicht mehr.

„Die Augenzeugin sah, dass die Angeklagte vor das Auto gefahren ist. Sie hat auch Schrammen bemerkt. Es ist in Ordnung, dass sie sie darauf aufmerksam gemacht hat“, bekräftigt die Vorsitzende. Sie könne verstehen, dass sich Hannelore H. an den Pranger gestellt fühlte. Ihre Reaktion sei allerdings unangemessen gewesen. Eine Geldbuße von 500 Euro müsse schon sein, befindet das Gericht. „Können Sie den Betrag auf einmal zahlen?“, vergewissert sich die Richterin. „Hannelore H. nickt. Ihre Rente ist zwar klein, doch der Gatte bezieht eine beachtliche Pension. Hoga

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