Landeshauptstadt: Bloß nicht verstecken
Die Streetdance-Gruppe des Vereins Black Flowers trainiert im Treffpunkt Freizeit und sucht Tänzer
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Ihr müsst euch nicht verstecken: Den Satz ruft Oliver Cremer seinen jungen Tänzern oft zu. Im Hintergrund läuft französischer Rap, dazu tanzen sie Streetdance. „Behaltet euch genau im Auge“, sagt Oliver, diesmal klingt es wie eine Forderung. Jeder Tänzer spricht eine andere Körpersprache – und doch bewegen sie sich alle zum gleichen Takt. „Beim Streetdance präsentiert jeder seinen eigenen Charakter“, erklärt der 19-jährige Oliver. Wie der Name schon sagt, umfasst Streetdance verschiedene Tanzstile, die sich in den 1970ern auf Straßen, Sportplätzen und Schulhöfen in den USA entwickelt haben. Gemeinsam mit dem 18-jährigen Ramon Fontainhas Mendes leitet Oliver die Tanzgruppe des Potsdamer Migranten-Vereins Black Flowers.
Seit dem ersten Dezember trifft sich die interkulturelle Streetdance-Gruppe im Malteser Treffpunkt Freizeit wieder regelmäßig. Die rund 20 jungen Tänzer, deren Eltern aus Ghana, Kapverden, Moldawien oder auch der Karibik stammen, können wieder gemeinsam trainieren. Die Tanzgruppe gibt es seit September 2005, doch wegen mangelnder Finanzierung brach sie vor einem Jahr auseinander. Für die Rettung hat Black Flowers-Vorsitzende, Alida Babel, gekämpft. Jetzt wird das Projekt vom Verein Lokales Kapital für Soziale Zwecke (LOS) finanziert. Das Projekt diene vor allem dazu, „dass Ghettoverhalten von vielen Jugendlichen aufzubrechen“, sagt Babel. „So lernen die Jugendlichen eine völlig neue Seite von sich kennen“, betont die Black Flowers-Chefin. Sie lehnt sich dabei in ihrem Stuhl zurück und beobachtet ihre Schützlinge, fast scheint sie besorgt um sie. Sie hofft auf einen Auftritt der Gruppe beim Stadtteilfest in Potsdam-West im nächsten Jahr: „Leider haben wir noch nicht genug Tänzer.“
Ob sie einen Auftritt haben werden oder nicht – die Gruppenleiter arbeiten trotzdem darauf hin. Wer in der vorigen Trainingsstunde nicht da war, bekommt die neuen Schritte noch einmal beigebracht. Dafür brauchen die Gruppenleiter vor allem Geduld. „Manchmal ist es schwer, immer wieder von vorn anzufangen“, sagt Ramon. Während sie ihre neuesten Choreographien vorführen, bewegen sie sich schnell und geschmeidig. „Ich denke mir viele Choreographien selbst aus“, erzählt Ramon, der selbst einmal als Tänzer arbeiten will. Seit er an seine Grenzen gestoßen ist, nimmt er wieder Tanzunterricht. „Das passiert – man muss diese Grenzen überwinden“, so der 18-Jährige. Anregungen holen sich die beiden Gruppenleiter auch aus anderen Sportarten – so kann selbst ein Basketball zur Choreographie gehören. „Manchmal ist das Training sehr anstrengend“, sagt Ramon.
Wenn das Training auch an manchen Tagen hart ist – vor allem geht es dabei um Spaß, betont Oliver. So denken auch die Anderen darüber. „Tanzen ist einfach geil“, erklärt die 18-jährige Dorina Tutunar aus Moldawien und grinst. Sie wirkt etwas schüchtern, doch beim Tanzen ist das kaum zu erkennen. Für den 20-jährigen Martin Boschmann bedeutet Streetdance mehr als nur der Spaß: Man könne bei diesen intensiven Tanzbewegungen Stress und Belastungen abbauen, betont er. Außerdem gefalle es ihm, dass die Gruppe so multikulturell sei, sagt er. Für Oliver, dessen Mutter aus der Karibik nach Deutschland ausgewandert ist, spielt das keine Rolle: „Beim Tanzen ist die Gruppe eine Einheit, egal wo man herkommt“, meint er. Sein Gesichtsausdruck zeigt, wie ernst er diese Aussage meint. Jetzt wünscht sich Oliver nur noch eines für die Gruppe: dass die Jugendlichen bald einen Spiegel in ihren Trainingsraum bekommen – denn erst dann können die Tänzer ihre Fortschritte auch an sich selbst erkennen.
Im Internet:
www.blackflowers.de
Susanna Maier
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