zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Blubbern vor der Entscheidung

Heute High Noon: Um 12 Uhr mittags steht fest, ob Potsdam „Stadt der Wissenschaft 2008“ wird

Stand:

Am Tisch des Exploratoriums kracht und blubbert es. Axel Werner und Horst Furtner experimentieren mit Trockeneis, so dass dichte Nebelschwaden entstehen. Gleichzeitig blasen die beiden Männer Luftballons mit Hilfe von Flaschen auf, in die sie vorher ein paar Chemikalien gestreut haben – bis die darüber gespannten Ballons lautstark zerplatzen. Das Babelsberger Wissenschafts-Zentrum zum Anfassen hat im Saal des Altstadtrathauses Braunschweig den größten Stand, um Potsdam für seine heutige Bewerbung zur „Stadt der Wissenschaft 2008“ zu repräsentieren.

Gestern konnte sich die Landeshauptstadt erstmalig mit dem einzigen Konkurrenten Jena messen. Der den Wettbewerb ausrichtende Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hatte einen Tag vor der eigentlichen Preisvergabe schon an den Ort des Geschehens geladen: in den großen Saal des historischen Ratsgebäudes. Um mögliche Bewerber für die nächste Runde vom Wettbewerb zu überzeugen, sollten die bisherigen Preisträger des „Stadt der Wissenschaft“-Titels über ihre Erfahrungen berichten – und die zwei Bewerberstädte über die bisherige Arbeit.

Die erste Runde im Wettstreit ging gestern knapp an Jena – zumindest bei den Noten für die Präsentation. Das lag an Wolfgang Hadlich, dem Leiter des Potsdamer Oberbürgermeisterbüros. Zusammen mit Simone Leinkauf vom neu benannten Verein „proWissen Potsdam e.V.“ sollte er die bisherige Bewerbungsphase schildern – und nannte den Verein konsequent bei seinem früheren Namen proWissenschaft. Bei seiner ersten Überleitung an „proWissen“-Geschäftsführerin Leinkauf musste sie ihn verbessern: „Der neue Name ist wohl noch nicht wirklich geläufig.“ Ansonsten verlief die inoffizielle Präsentation der Bewerbung fehlerfrei: Leinkauf hob die vielen gewonnenen Partner in Potsdam hervor, die mehr als hundert Projekte, die nicht auf einzelne Highlights angelegt seien, sondern auf Breite: Als Beispiele nannte sie etwa das neu zu erstellende Toleranzedikt von Potsdam oder den zu berufenden Stadtfilmemacher. Hadlich pflichtete ihr bei, nannte das Thema Wissenschaft in Potsdam eine „Chefsache“ von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Der mögliche Titel solle als Schwungbringer für die städtische Entwicklung verstanden werden, der auch einen Imagewechsel weg von der preußischen Historie bedeuten könne: „Potsdam soll als Stadt der Wissenschaften mit Schlössern und Gärten gelten.“

Jena überraschte dagegen am Ende seines Vortrags die zahlreichen Zuhörer – unter ihnen auch Jurymitglied Henning Scherf, der frühere Oberbürgermeister der Stadt Bremen – mit Zuckertüten voller originär Jenaer Erfindungen. Die thüringische Stadt, so wurde bei dem Vortrag deutlich, setzt vor allem auf den 450. Geburtstag ihrer Universität im kommenden Jahr sowie eine enge Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft. Ein angeführtes Beispiel für den eigenen Anspruch war eine Englisch-Offensive für die gesamte Stadtverwaltung – ein anderer Ansatz als Potsdams „Welcome Center“ für ausländische Wissenschaftler (PNN berichteten). „Wir wollen unbedingt den Titel und die damit verbundenen Gelder“, sagte Axel Burchardt, Sprecher der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität. Mit der Auszeichnung sind bis zu 250 000 Euro Preisgeld verbunden.

Allerdings ist dies nicht der einzige Vorteil der Ehrung, die heute vergeben wird: Vertreter der bisherigen Gewinnerstädte Bremen, Dresden und Braunschweig hoben besonders die durch den Wettbewerb beförderte bessere Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Kommune hervor. „Diese kürzeren Drähte untereinander sind der beste Effekt“, sagte Jürgen Hesselbach, Präsident der Technischen Universität Braunschweig. Potsdam und Jena hätten ähnliche Chancen, betonte er: „Beide Städte sind schon einmal gescheitert und haben sich neu formiert.“ Aus seiner Sicht komme es besonders auf gutes „Mannschaftsspiel“ zwischen allen Partnern eines Standorts an.

Nach der Präsentation beider Städte gab sich Dieter Wiedemann, Chef der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF), wie tags zuvor siegessicher: „Es wird zwar härter als gedacht, aber ich bleibe bei meinem Optimismus.“ Welche Stadt gewinnt, steht heute um 12 Uhr fest. Vorher wird ab 10.15 Uhr die Potsdamer Bewerbung unter dem Motto „Wellen, Wetter, Wunder“ gemeinsam von Oberbürgermeister Jann Jakobs, Filmpark-Chef Friedhelm Schatz und Uni-Rektorin Sabine Kunst präsentiert. Wie ihre Jenaer Konkurrenten ab 9.15 Uhr haben sie dafür 30 Minuten Zeit. Der bunte Stand des Exploratoriums mit seinen Effekten und Blubber-Experimenten wird auch wieder vor Ort sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })