
© Andreas Klaer
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Studierendenpfarrer Mathias Kürschner betreut die Evangelische Studierendengemeine Potsdam
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Es ist eine aufregende Zeit. Mit dem Beginn des Studiums schlagen junge Menschen einen neuen Lebensweg ein, für die meisten ändert sich der Alltag komplett. Sie beziehen die erste eigene Wohnung, schließen neue Freundschaften, stellen die entscheidenden Weichen für ihr zukünftiges Leben. Die Kindheit ist nun endgültig vorbei. Vielleicht sind sie voller Zuversicht und Freude, vielleicht nagen aber auch Zukunftsängste und Zweifel an ihnen.
Mathias Kürschner bringt es auf den Punkt: „Dieser Lebensabschnitt ist sehr dynamisch. In dieser Zeit ist man in einer besonderen Weise offen, über Fragen des Lebens nachzudenken“, sagt der Pfarrer der Evangelischen Studierendengemeinde Potsdam (ESG), der im August die Nachfolge von Pfarrer Hans-Georg Baaske angetreten hat. Diese Offenheit berührt den Studierendenpfarrer, der neben der ESG auch die Pfingstgemeinde als Vakanzvertreter betreut, in besonderer Weise. „Sie sind auf der Suche nach ihrem Platz in der Gesellschaft. Für mich ist es eine Herausforderung, junge Menschen in dieser Lebensphase zu begleiten.“
Als Studierendenpfarrer möchte Mathias Kürschner den Mitgliedern seiner Gemeinde auf Augenhöhe begegnen. „Ich biete mich als Gesprächspartner an, der Gedankenanstöße vermittelt und Glaubenshilfe als Lebenshilfe liefert“, so der 38-jährige Vater dreier Kinder. Dass der christliche Glaube im Alltag relevant und eine Ressource der Freude, ein tragendes Fundament des Lebens ist, dies zu vermitteln sei ihm besonders wichtig, so Kürschner. Denn: „Wenn man bei Gott gut aufgehoben ist, kann man Menschen gegenüber recht gelassen sein.“
Einmal wöchentlich treffen sich die Mitglieder der Studierendengemeinde zu einer abendlichen Andacht und einem gemeinsamen Abendbrot. Jeder bringt etwas mit. „Es gibt immer fantastisches Essen und ich bin begeistert, wie viel Mühe sich die Studenten dafür machen“, so Kürschner. Die Gemeinde ist für die Mitglieder auch ein Ort der Geborgenheit. „Wo gibt es das heute noch? Ich komme als Student in eine fremde Stadt, ich werde willkommen geheißen, bekomme ein kostenloses Abendessen. In so einer Gemeinschaft wird man aufgenommen, man singt miteinander, man tauscht sich aus und weiß einfach: Hier bin ich gern gesehen“, beschreibt Mathias Kürschner die Treffen. Etwa 40 Studierende nutzen dieses Angebot regelmäßig. Nach dem Abendbrot gibt es ein Programm – die Studierenden berichten über Auslandserfahrungen, eingeladene Referenten halten Vorträge zu Themen aus Gesellschaft und Politik.
Alle zwei Wochen bietet Pfarrer Kürschner ein Seminar zur Einführung in den christlichen Glauben an. Denn Kirchenarbeit in Brandenburg ist kein Heimspiel. „Viele Menschen kommen aus Familien, in denen sie den Glauben nicht vermittelt bekommen haben. Ich glaube, dem Brandenburger ist gar nicht so klar, wie einzigartig er ist“, sagt Kürschner, der aus Niedersachsen stammt, schmunzelnd. Denn der prozentuale Anteil an Menschen, die keiner Konfession angehören, zähle hier zu den höchsten in Europa. „Noch dazu wird Kirche in der öffentlichen Wahrnehmung oft als ein bisschen wehleidig und weinerlich wahrgenommen, doch ich kenne es auch völlig anders. Ich kenne fröhliche Gottesdienste mit Menschen, die einfach Bock auf Gott haben“, sagt Kürschner. Begeisterung und Fröhlichkeit – dies seien die Zutaten, mit denen Gemeindeaufbau gelingen könne. „Wer begeistern will, muss selbst begeistert sein“, fügt der Pfarrer hinzu.
Begeisterung hat Mathias Kürschner nicht nur für seine Gemeinde und den christlichen Glauben. Die Vorbereitungen für die Segelprüfung laufen, der Oldtimer NSU Ro 80 steht vor der Tür. „Mein Vater hat ihn 1972 neu gekauft, ich habe ihn als 18-Jähriger übernommen“, sagt Kürschner und greift ins Regal nach dem Modell des Autos. Auch ein Wankelmotor steht dort. „Ich bin ein begeisterter Autoliebhaber“, verrät Kürschner. Ab und an gönnt er sich eine Spritztour mit dem Ro 80. Doch den größten Teil seiner knappen Freizeit widmet der Pfarrer seiner Doktorarbeit über Dietrich Bonhoeffer. Dieser – aus dem deutschen Großbürgertum stammend – habe sich von seiner sozialen Herkunft emanzipiert und sei allen Widerständen der Familie zum Trotz Pfarrer geworden. Dieses konsequente Leben nach den eigenen Idealen sei faszinierend und inspirierend. „Ich habe großen Respekt vor Menschen, die ihre Meinung und Überzeugung unabhängig vom Mainstream aussprechen und leben“, so Kürschner. „Ich fürchte, ich gehöre auch zu diesen Leuten“, sagt er und lacht.
Die ESG trifft sich jeden Donnerstag um 19 Uhr in der Gutenbergstraße 71/72.
Heike Kampe
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