Landeshauptstadt: Bodygards für China
Chinesische Berufsschule und Potsdamer Ausbildungscenter für Bodygards beraten über Zusammenarbeit
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Chinesische Berufsschule und Potsdamer Ausbildungscenter für Bodygards beraten über Zusammenarbeit Von Juliane Wedemeyer Nauener Vorstadt - Nancy Qin steht der Schreck ins Gesicht geschrieben, als sie plötzlich zu Boden gerissen wird. Doch dann kichert die Chinesin und kramt die Digitalkamera aus ihrer Louis Vitton-Handtasche. In der Bodygardschule von Horst Pomplun in der Großen Weinmeisterstraße kann man viele lustige Fotos machen. Mit einem zackigen „Neutralisieren!“ pfeift der Chef des „VTP-Security“-Ausbildungszentrums seine Lehrlinge zurück. Und wendet sich der nun wieder stehenden Nancy Qin und dem Rest der chinesischen Delegation zu. Die ist einer Empfehlung von höchster Stelle gefolgt: „Das Bundeskanzleramt hat unsere Schule der chinesischen Regierung ans Herz gelegt“, sagt Pomplun. Und so treffen gestern um 10 Uhr in seiner Schule vier ranghohe Chinesen samt Dolmetscher ein: Ni Haohua, der Präsident der Landgent Group, eines der größten Immobilienunternehmen des Landes, zwei seiner wichtigsten Mitarbeiter – darunter Nancy Qin, die in der Firma das Büro für ausländische Beziehungen leitet – und ein Mitglied des chinesischen Bildungsministeriums. Der Grund für ihren Besuch: Die Landgent Group will in Peking ab September eine Berufsschule für Objekt-, Fahrzeug- und Personenschutz aufbauen. Nun suchen sie in Potsdam nach geeigneten Ausbildungsprogrammen. „In China gibt es nur ganz kleine Trainingscenter ohne guten Ruf“, erklärt Nancy Qin. Dabei sei die Nachfrage nach Bodyguards in ihrer Heimat sehr hoch. Schließlich werde dort der Graben zwischen Arm und Reich immer tiefer, da sei Sicherheit ein wichtiges Thema, so Qin – auch für die vielen Ausländer, die am Wirtschaftswunder teil haben wollen. Sie hätten sich an Deutschland gewandt, weil es viele Handelsbeziehungen zu China pflegt, so Ni Haohua. Immerhin seien bereits VW, Siemens und Mercedes in der Volksrepublik. Die Gespräche zwischen den Delegierten und Pomplun laufen gut. Haohua zeigt auf eine der vielen Fotografien an der Wand des Unterrichtraums: „Da ist ja unser Ministerpräsident!“ „Ja, und der Personenschützer daneben bin ich“, antwortet Pomplun. Die Chinesen sind beeindruckt. Noch größer werden ihre Augen, als die 20 Potsdamer Schüler und einige Ausbilder in einer filmtauglichen Stunt-Show zeigen, was sie alles drauf haben: von Bombensicherung bis Nahkampf mit vermummten Eindringlingen. Doch der Weg zum guten Bodygard ist hart. Der Umgangston in der Schule ist rau. Der Chef lässt schon mal jemanden, der nicht schnell genug seine Waffe auseinander nimmt und zusammen baut, 20 Liegestütze absolvieren – mit Gasmaske. Disziplin sei wichtig, meint Pomplun, und auch dass man immer einsatzbereit sei. Darum würden die Auszubildenden, die in den Räumen über der Schule wohnen, auch nachts schon mal mit Eiswürfeln geweckt. Pompluns Lehrmethoden scheinen zu funktionieren, immerhin wurde das Zentrum 2002 von der IHK als Ausbildungsstätte anerkannt – die einzige Bodygardschmiede Deutschlands mit Zertifikat. Die Lehrer sind Polizisten, Soldaten, Sprengmittelexperten und Juristen. Schließlich müssen die Bodygards sich auch mit Dingen wie dem „Notwehrparagraphen“ auskennen. Neben dem Standort in Potsdam hat Pomplun noch eine Schule in Spandau und im amerikanischen Florida. Seit über 15 Jahren bildet die VTP Personenschützer aus - aus aller Welt. Demnächst werden zehn Irakis deshalb nach Potsdam kommen: ein Auftrag eines irakischen Großindustriellen. Zur Zeit lernen hier ein Serbe und ein Bosnier das Handwerk. Ihre Namen sind geheim. Die Bodygards sollen nicht erpresst werden können, etwas über die zu schützenden Personen zu verraten: Alle hören darum auf Namen wie Fox oder Charlie. Auch untereinander kennen sie sich meist nur mit ihren Codenamen. „So rutscht uns beim Einsatz nicht aus Versehen der richtige Name raus“, sagt Fox. Dann lässt er sich für die chinesischen Gäste von den Mitschülern überfallen und wieder retten. Dabei wird laut geballert. Qin zückt begeistert den Fotoapparat. Und Haohua lädt Pomplun schon mal in die Volksrepublik ein. Falls dann alles klappt, wird in der Großen Weinmeisterstraße bald chinesisch gesprochen – wenn Pomplun die ersten chinesischen Berufslehrer ausbildet.
Juliane Wedemeyer
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