Landeshauptstadt: Bomben und Beschuss
Potsdam im April 1945 – Vortragabend am Jahrestag des Luftangriffs
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Potsdam im April 1945 – Vortragabend am Jahrestag des Luftangriffs Von Erhart Hohenstein Während in Dresden des verheerenden Bombardements vom 13./14. Februar 1945 traditionell auf Veranstaltungen gedacht wurde, blieb in Potsdam eine Erinnerung an den englischen Luftangriff vom 14. April 1945 weitgehend aus. Der Förderverein Militärmuseum sprang in die Bresche und lud am Jahrestag zu einem Vortragsabend „Potsdam im April 1945“ ein. Der gut gefüllte Saal im Militärgeschichtlichen Forschungsamt zeigte, wie stark nach wie vor das Interesse an diesem Thema ist. Der Sammler Wolfgang Schulz zeigte Modelle der am Angriff beteiligten Flugzeuge, Dr. Hans-J. Paech stellte eine Arbeit über die Verteilung der deutschen Luftabwehrkräfte aus. Hans-Werner Mihan, Autor des Buchs „Die Nacht von Potsdam“, sprach über den englischen Bombenangriff. Wohltuend, dass er sich auf das bis heute umstrittene Ziel der Bomber konzentrierte. Mihan geht davon aus, dass nicht die ganze Stadt in Schutt und Asche gelegt werden sollte, sondern der Angriff vorrangig dem Bahnhof galt. Zur Unterstützung dieser These zeigte er Pläne und Luftbilder der Royal Air Force. Nach dem Bombardement am 16. April 1945 von einem britischen Aufklärungsflugzeug gemachte Fotos verdeutlichen, dass damals Nikolaikirche, Rathaus und Straßenzüge am Alten Markt weitgehend erhalten geblieben waren. Erst der sowjetische Artilleriebeschuss bei der Eroberung der Stadt habe das Zerstörungswerk vollendet. Mihan wollte an einem Foto, auf dem nur noch ein einziger Brandherd in der Priesterstraße (heuteHenning-von -Tresckow-Straße) zu erkennen ist, die Meinung widerlegen, die Stadt habe nach dem Angriff tagelang gebrannt. Damit erntete er jedoch Widerspruch. Zeitzeugen aus dem Publikum wiesen auf zahlreiche weitere Brandherde hin, auf die sie nach dem 14. April beim Umherirren durch die zerstörte Stadt gestoßen waren. Über die Eroberung Potsdams durch die sowjetischen Bodentruppen sprach Dr. Werner Stang. Der Historiker war kurzfristig für seinen erkrankten Kollegen Dr. Kurt Arlt eingesprungen und hielt sich eng an die mit diesem 1995 erarbeitete Studie „Kampf um Potsdam Ende April 1945“. Dennoch war seine minutiöse Schilderung der vordringenden Truppen für viele Zuhörer von Wert. Verwunderung löste allerdings seine These aus, nach der weitgehend kampflosen Besetzung Babelsbergs sei im Park eine deutsche Einheit verblieben, die sich erbittert verteidigt habe. Sich mit dem Wasser im Rücken darauf einzulassen, statt auf das andere Ufer in die Berliner Vorstadt zu wechseln, wäre militärisch absurd gewesen. In der Aussprache, an der sich auch der Dresdener Historiker und Buchautor über den dortigen Luftangriff Dr. Götz Bergander beteiligte, berichteten Potsdamer über ihre persönlichen Erlebnisse am Kriegsende und stellten zahlreiche Fragen. Als zu vorgerückter Stunde ein Teilnehmer die Rolle des angeblichen „Retter von Sanssouci“, des russischen Gardeoffiziers J.F.Ludschuweit, erläutert haben wollte, zog Moderator Burkhart Franck, der Vorsitzende des Militärmuseumsvereins, die Notbremse. Denn das wäre wirklich ein weiteres abendfüllendes Thema.
Erhart Hohenstein
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