zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Bordellbesuch mit dem Filius als Alibi?

Gericht verzichtete auf Ladung des betagten Etablissement-Betreibers

Stand:

Aus dem GERICHTSSAALGericht verzichtete auf Ladung des betagten Etablissement-Betreibers Er könne gar nicht als Verursacher der Beule im Rover von Benno B. in Frage kommen, beteuert Rainer R.* (45). Schließlich habe er sich zur vermeintlichen Tatzeit mit seinem Sohn und dessen Freund längst auf dem Weg nach Berlin befunden. Zudem sei an seinem 43 000 Euro teuren Audi kein Schaden erkennbar. „Ein Bekannter – er betreibt ein Bordell in Schöneberg - hatte uns zur Geburtstags-Nachfeier eingeladen. Wir sollten um 18 Uhr zum Essen da sein.“ Amtsrichterin Kerstin Devriel stutzt: „Nach meiner Kenntnis geht es im Bordell erst später los.“ Auch wundert sie, dass der Bauunternehmer seinen Sohn und dessen Kumpel zu derartigen Vergnügungen mitnimmt. „Wie erklären Sie sich, dass der Geschädigte Sie und Ihren Wagen ganz eindeutig identifiziert hat? Haben Sie irgendwelchen Streit mit dem Mann?“ bohrt sie weiter. Rainer R. verneint. Leider blieb der Bordellbesitzer der Verhandlung fern. „Er ist inzwischen 72 Jahre alt. Mit Sicherheit wird er sich nicht mehr genau entsinnen können, wann wir an diesem Abend bei ihm eingetroffen sind“, vermutet der in einen grauen Anzug Gewandete. In diesem Punkt stimmt ihm das Gericht zu, verzichtet auf nochmalige Ladung des Zeugen. Benno B. (43) erinnert sich präzise an jenen 25. Mai 2004. Rainer R. sei ihm gegen 18.30 Uhr in seinem mit vier Personen besetzten Fahrzeug entgegengekommen. „Am Steuer saß der Sohn. Er stoppte plötzlich und brüllte mich an, ich hätte eine Wartepflicht. Dabei war das Hindernis auf seiner Seite“, rekapituliert der Rettungssanitäter die Situation. „ Der Angeklagte riss die hintere Tür mit Schwung auf, so dass sie gegen den Kotflügel meines Rovers prallte und eine deutliche Delle hinterließ.“ Ein Gutachter habe den Schaden später auf 680 Euro beziffert. „Ich habe ihm noch angekündigt, dass ich Anzeige wegen Sachbeschädigung erstatten würde. Herr R. machte eine abschätzige Handbewegung, dann gab sein Sohn Gas“, so Benno B. „Jegliche Verwechslung ist ausgeschlossen?“, vergewissert sich die Vorsitzende. „Jawohl! Warum soll ich den Mann zu Unrecht belasten?“, pariert der Zeuge. „Ich rate Ihnen dringend, Ihren Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzunehmen“, sagt die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft zu dem Angeklagten. 1800 Euro sind bei Ihrem Einkommen ohnehin ein Witz. Bei einem Urteil fällt die Sanktion mit Sicherheit deutlich höher aus.“ Der Angeklagte bittet um eine kleine Pause, stimmt schließlich zu. „Trotzdem bin ich nicht gefahren“, grummelt er beim Hinausgehen. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })