Landeshauptstadt: Botschafter der Liebe
Drei Weltverbesserer gründeten in Potsdam den Verein Projekt-Freiheit.Von Liebe allein können sie aber nicht leben.
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Drei Weltverbesserer gründeten in Potsdam den Verein Projekt-Freiheit.Von Liebe allein können sie aber nicht leben. Von Nicola Klusemann Sie wollen die Welt verbessern, doch die mache es ihnen nicht gerade leicht. Die drei jungen Männer Michael Jochmann, Björn Olfenius und Werner Stier sehen sich als Verkünder der Liebe. Sie reden ruhig und bedacht und kleben farbkopierte segnende Hände mit ihrer Botschaft überall dort hin, wo man sie lässt. Sie träumen von einer Welt, in der sich kein Mensch um sein Überleben Sorgen machen muss. Eine Welt voller Glück, Einklang und natürlich Liebe. Diese Welt sei wirklich, betont Jochmann mit Überzeugung im Blick. Man müsse nur begreifen, dass die Erde der Planet der Liebe sei. „Projekt Freiheit“ nennen die drei Idealisten ihre Aufgabe und haben sich gerade unter diesem Namen im Vereinsregister des Potsdamer Amtsgerichts aufnehmen lassen. Auf Anfrage wird dieser Eintrag von der Behörde mit Schmunzeln bestätigt: „Das sind die mit der Liebe“, kommentiert die Amtsfrau. Jochmann, Olfenius und Stier – aus Potsdam, Berlin und Baden-Württemberg – haben sich zufällig getroffen und schnell ihre Gemeinsamkeit entdeckt. Sie seien nicht religiös und nicht an eine Sekte gebunden. „Gott ist in keiner Kirche.“ Auf Michael Jochmanns Sweatshirt ist der Name des ersten Liebesbotschafters gestickt: Jesus. „Dschieses ist mein Vorbild“, erklärt er englisch-deutsch. Der Lebensweg des christlichen Messias sei jener, den auch sie einschlagen wollen. Allerdings bedienen sich die Freiheit-Projektler bei ihren Weisheiten nicht nur aus dem biblischen Fundus, sondern auch beim Buddhismus, der Astrologie und der Psychologie. Für jedes Problem hätten sie eine Lösung, behaupten sie mit Leichtigkeit. Wann immer etwas nicht stimmt, fühlt sich die schnelle Eingreiftruppe berufen. Wie neulich, als sie gerade ihr „Vollkornbrötchen mit Tofuwurst aßen und ein junger Kerl einem alten Mann das Fahrrad entreißen wollte. Einfach so“, ist Werner Stier entsetzt über so viel Lieblosigkeit. Sie hätten sich eingemischt und den Konflikt mit Beschwichtigung aufgelöst. Dazu fühlten sie sich berufen. Und „Beruf ist Berufung.“ Darum haben sich der ehemalige Zivildienstleistende Jochmann, der gelernte Koch Björn Olfenius und Weltenbummler Werner Stier von allem Materialistischem losgesagt. „Wir haben uns befreit, die Jobs aufgegeben. Unsere Berufung ist die Veränderung der Welt“, erzählen sie beiläufig. Sie hätten auch schon viel verbalen Zuspruch bekommen. „Wem immer wir von unserer Sache erzählen, der ist begeistert.“ Mit zustimmendem Schulterklopfen und einem anspornenden „Weiter so“ würden sie in ihrem Tun bestärkt. Spontan angeschlossen habe sich aber dennoch niemand. Und ein finanzstarker Partner habe sich auch noch nicht gefunden. Von Liebe allein kann man dann doch nicht existieren. „Wir leben von ein bisschen Erspartem und werden zum Teil von unseren Eltern unterstützt“, gestehen die Drei auf Nachfrage. Sie sind in Wohnungen von Freunden oder Bekannten untergekommen – zur Untermiete. Für ihr Vereinsleben haben sie bislang nur einen Raum im weltweiten Netz und Träume von einem Bauernhof, der Platz bieten soll, für alle Gestrandeten. Zurzeit betreuten sie einen Obdachlosen und erprobten an ihm das liebevolle Miteinander, das in letzter Konsequenz zu einer besseren Welt führen soll, wenn nur alle mitmachten. Um andere davon zu überzeugen, plant das Projekt Freiheit jetzt eine Veranstaltungsreihe. Genaue Termine werden noch bekannt gegeben. Infos auch unter www.projekt-freiheit.de.
Nicola Klusemann
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