Regionale Wirtschaft: Brandenburgs Handwerk im Aufwind
Die Konjunkturlage der Unternehmen im Raum Potsdam ist gut wie seit elf Jahren nicht mehr. Vor allem im Bauhandwerk ist die Stimmung hervorragend. Sie könnte aber noch besser sein.
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Potsdam - Die Stimmung in den Handwerksbetrieben im Westen Brandenburgs ist so gut wie lange nicht mehr. Knapp 93 Prozent aller Betriebe bewerteten in der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Potsdam (HWK) ihre Geschäftslage mit gut oder befriedigend. Dies sei der beste Wert der vergangenen elf Jahre, teilte die Kammer am Dienstag mit. Ähnlich positiv bewerten auch die Handwerkskammern in Cottbus und Frankfurt (Oder) die aktuelle Lage.
Betriebe profitieren von niedrigen Zinsen
Rosig sind die Zeiten offenbar vor allem für das Bauhandwerk. Im Potsdamer Bauhaupt- und Ausbaugewerbe sprechen 94 beziehungsweise 96 Prozent von einer guten oder befriedigenden Geschäftslage. „Die Leute wollen ihr Geld einfach gut anlegen und bei der Bank können sie das nicht mehr“, sagt Ralph Bührig, Hauptgeschäftsführer der Potsdamer Kammer. „Wir profitieren also von den anhaltend niedrigen Zinsen.“
Allerdings könnten die Geschäfte nach Einschätzung der Kammer noch weit besser laufen – nur fehlt es an Fachkräften. Den Angaben zufolge seien die Betriebe derzeit zu 86 Prozent ausgelastet und stoßen somit an ihre Kapazitätsgrenzen. Aufgrund fehlender Fachkräfte könnten sie die gute Auftragslage nicht so bedienen, wie sie dies mit mehr Fachpersonal könnten, heißt es.
Kostenbremse: Im Raum Potsdam wurden Friseur-Filialen geschlossen
Erstaunlich gut ist die Stimmung auch bei den personenbezogenen Dienstleistungen, wozu etwa Friseure und Kosmetiker zählen. Hier sind 92 Prozent mit ihrer Geschäftslage zufrieden oder sehen sich gut aufgestellt – und das trotz der zuletzt befürchteten Auswirkungen durch die Einführung des Mindestlohns. Wie berichtet hatte vor allem das Friseurhandwerk Zweifel geäußert, dass viele Betriebe die seit Anfang des Jahres gesetzlich vorgeschriebenen 8,50 Euro nicht würden bezahlen können. Dass die Friseure jetzt trotzdem zufrieden sind, liegt aber offenbar nicht daran, dass mehr Geld ausgegeben wird. Vielmehr wurde laut HWK-Chef Bührig an der Kostenschraube gedreht. „Es hat unter anderem Entlassungen geben. Außerdem wurden nicht zuletzt im Raum Potsdam auch Filialen geschlossen.“
Potsdams Kammerchef Bührig kritisiert Behörden: Weiterhin zu wenig Spracherwerbsangebote für Flüchtlinge
Dass sich durch die zunehmende Flüchtlingszahl mittelfristig auch etwas am Fachkräfteproblem ändern könnte, hält Potsdams HWK-Chef dagegen für eher unwahrscheinlich. Wie berichtet hatte die Kammer als Reaktion auf eine ähnliche Initiative der Potsdamer Arbeitsagentur Anfang August ein Konzept vorgelegt, mit dem Flüchtlingen der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert werden soll. Damals hatte Bührig vor allem seitens der Behörden mehr Angebote für den Spracherwerb gefordert. „Es hat sich seither erstaunlich wenig getan“, resümierte der Hauptgeschäftsführer der Potsdamer Handwerkskammer am Dienstag.
Die Bereitschaft der Handwerksbetriebe, Flüchtlingen zum Beispiel Praktika anzubieten, sei zwar nach wie vor groß, doch seien in einigen Fällen Verträge letztlich wie erwartet an der Sprachbarriere gescheitert. „Selbst bei vergleichsweise routinierten Arbeiten wie der Gebäudereinigung“, berichtete Bührig.
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