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Landeshauptstadt: Bratwurstduft aus dem „Café Wolf“ Kurioses „Wendekind“ wird zu Grabe getragen
Sanssouci - Bratwurstduft zieht vom Café Wolf hinüber zum Neuen Palais. Die zu Wendezeiten in einer einstigen Baubaracke eingerichtete Gaststätte ist zum Imbissstand geschrumpft.
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Sanssouci - Bratwurstduft zieht vom Café Wolf hinüber zum Neuen Palais. Die zu Wendezeiten in einer einstigen Baubaracke eingerichtete Gaststätte ist zum Imbissstand geschrumpft. Der Innenraum wurde geschlossen, quer eine Außentheke eingefügt. Dahinter eine Hartz-IV-Frau im Minijob, daneben überdachte Freiluftbänke und -tische. Dort darf geraucht werden.
Nur für diese Saison hat die Schlösserstiftung dem Glindower Landfleischer Joppe ein Konzession gegeben, damit die hungrig aus dem Neuen Palais kommenden Touristen eine Wurst essen und eine Brause trinken können. Der vorherige Betreiber, dessen Pachtvertrag noch bis 2010 mit Option auf weitere Jahre gelaufen wäre, sei in Insolvenz gegangen, war offiziell zu erfahren. Andere Stimmen sagen, die Stiftung habe sich aus dem Vertrag herausgekauft, um endlich den Abriss der Baracke zu ermöglichen. Dies kann nun nach Saisonende geschehen.
Dass der Betreiber 1994 für eine Baracke, die noch dazu mitten im Welterbe lag, einen Vertrag mit 16 Jahren Laufzeit erhalten haben soll, ist das letzte Glied einer Kette von Rätseln und Pannen, denen das Café Wolf seine lange Existenz verdankt. In den 1980er Jahren war die Baubaracke ebenso wie der seitlich dahinter liegende Werkstatthof von Pracnownie konserwacji zabytkow (PKZ) errichtet worden, den weltweit tätigen polnischen Staatlichen Werkstätten für Denkmalpflege. Ihre Tätigkeit in Potsdam hatten sie 1975 bei der Sanierung des Marstalls und seiner Nutzung als Filmmuseum aufgenommen. Doch auch PKZ überstand die Perestroika nicht und zerfiel in zahlreiche kleinere Privatfirmen. Eine davon existiert bis heute in Potsdam und ist mit ihren erfahrenen Mitarbeitern ein geschätzter Partner der Denkmalpflege.
Die Baubaracke wurde 1990 nicht mehr gebraucht. Da kam dem Baudirektor der Schlösserverwaltung die Idee, in ihr eine Gaststätte einzurichten. Es gab zu DDR-Zeiten (wie auch heute noch) für die Touristen im Bereich des Neuen Palais kaum gastronomische Angebote. Am Anfang der Nachwendezeit in der Praxis der Ausschreibung ungeübt, vergab der Baudirektor, er hieß Wolf, das Barackenlokal kurzerhand – an seine eigene Ehefrau.
Damit hatte die Gaststätte nicht nur ihren Beinamen „Café Wolf“ weg, zudem fiel die eigenwillige Vergabepraxis dem Baudirektor voll auf die Füße. In jener Übergangszeit, als fast die gesamte Führungsriege der staatlichen Schlösserverwaltung um Generaldirektor Jochen Mückenberger der Stasi-Mitarbeit und anderer Vergehen bezichtigt und in die Wüste geschickt wurde, musste auch Wolf seinen Hut nehmen. Er war fachlich auf der Höhe, habe jedoch stets den privaten Vorteil gesucht, sagt ein seinerzeitiger Vertrauensmann und späterer Personalrat der 1991 begründeten Stiftung. Vorgeworfen wurde dem Baudirektor außerdem, aus einem Beratervertrag mit PKZ unerlaubte Einnahmen erzielt zu haben. Von einem älteren Handwerker des Schirrhofs war zu erfahren, der illegale Ausbau einer Ausweichwohnung für den Bauchef habe dort fast zu einer Revolte geführt. Vergeblich versuchte Wolf, sich gerichtlich gegen seine Kündigung zur Wehr zu setzen. Inzwischen ist er längst in Rente und lebt auf dem märkischen Lande. Manchmal nimmt er an Veranstaltungen der Stiftung teil, in das nach ihm benannte Barackenlokal am Neuen Palais soll er aber nicht mehr eingekehrt sein.
Nach dem Abriss des Flachbaus wird an diesem Standort bis 2012 ein Neubau errichtet, der eine modernen Ansprüchen genügende Gaststätte aufnimmt. Dafür soll noch ein Name gesucht werden. Wie aus Kreisen um Generaldirektor Hartmut Dorgerloh heißt, kommt „Café Wolf“ nicht in Frage.E. Hohenstein
E. Hohenstein
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