Landeshauptstadt: Breites Bündnis stoppte Nazi-Aufmarsch
Bisher massivste Polizeipräsenz in Potsdam / Straßenblockaden riegelten Bahnhof Charlottenhof ab
Stand:
Bisher massivste Polizeipräsenz in Potsdam / Straßenblockaden riegelten Bahnhof Charlottenhof ab Brandenburger Vorstadt - Ein bisher in Potsdam in dieser zahlenmäßigen Stärke einmaliges Polizeiaufgebot und tausende Gegendemonstranten verhinderten am Sonnabend einen Aufmarsch von Rechtsradikalen, bei dem der Hamburger Neonazi Christian Worch mit seinen Anhängern vom Bahnhof Charlottenhof durch die Innenstadt ziehen wollte. Die Gegenaktionen begann um 11 Uhr auf dem Luisenplatz mit einem ökumenischen Gottesdienst, an dem etwa 400 Menschen teilnahmen. Die Messe unter freiem Himmel zelebrierten Propst Klaus-Günter Müller von der Katholischen Gemeinde St. Peter und Paul sowie von der evangelischen Seite Generalsuperintendent Hans-Ulrich Schulz, Superintendent Bertram Althausen und Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte. Superintendent Schulz verwies auf die „Gefahr der Einschmeichelung“ durch die „Kreidefresser mit dem Schafspelz“ und zitierte den ersten biblischen Psalm der die Gläubigen vor dem unheilvollen Einfluss warnt. Nach dem eher besinnlichen Gottesdienst sorgten die Trommlerinnen und Trommler der Rhythmusformation „Sexta Feira“ für eine kämpferische Stimmung und leiteten zur Kundgebung „Potsdam bekennt Farbe! Gemeinsam für Toleranz, Gewaltfreiheit und ein friedliches Miteinander“ über. Daran beteiligten sich zirka 3000 Menschen. Viele Familien waren mit ihren Kindern gekommen. Vertreter der Stadtfraktionen hatten sich in erster Reihe hinter der bekennenden Losung „Die Stadtverordneten aller Fraktionen sagen Nein zu Nazis“ postiert. So standen CDU-Stadtverordneter Eberhard Kapuste, die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Birgit Müller (PDS) und der SPD-Fraktionschef Mike Schubert in einer Reihe, alle drei mit einem roten Schal bekleidet. Oberbürgermeister Jann Jakobs hob in seiner kurzen Ansprache den „lokalen Aktionsplan“ als Basis für den Protest hervor. Er beschwor die Teilnehmer, sich den Rechtsradikalen friedlich entgegen zu stellen: „Gewaltfreiheit macht uns überlegen“. Noch während die Kundgebung des Aktionsbündnisses auf dem Luisenplatz stattfand, versuchten große Gruppen von Jugendlichen zum Ankunftsort der Neonazis am Bahnhof Charlottenhof vorzudringen. Die Polizei hatte jedoch alle Zufahrtsstraßen blockiert. Einem Trupp gelang es über den Park Charlottenhof zur Geschwister-Scholl-Straße und zur Kastanienallee zu gelangen, wo ihn starke Polizeikräfte stoppten. Gegen 12 Uhr hatten sich die Kundgebungsteilnehmer mit dem Oberbürgermeister in der ersten Reihe vom Luisenplatz aus zur Kreuzung Zeppelin- / Feuerbachstraße begeben, um dort unter dem Schutz der Polizei den Marsch der Nazitruppe zu erwarten und zu verhindern. Ein weiterer Block hatte sich nach einem Aufruf von Bündnis 90/Die Grünen an der Kastanienallee formiert. Im Polizeibericht heißt es dazu: „Aufgrund der erheblichen Anzahl von Versammlungsteilnehmern zu beiden Seiten der Kundgebung Worch war es der Polizei nicht möglich, dem Hamburger Rechtsextremisten die angemeldete Marschstrecke zu gewähren beziehungsweise auf eine alternativRoute auszuweichen.“ Gegen 15.30 Uhr löste Worch seine Versammlung auf und fuhr mit seinen Leuten nach Berlin, wo er per Eilantrag eine neue Demonstration anmeldete. Diese löste sich laut Polizeiangaben nach einer halben Stunde auf. „Die Potsdamer haben gezeigt, dass die Neonazis in unserer Stadt keine Chance haben“, würdigte PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg den Verlauf. Solch ein breites Bündnis habe es in dieser Form bisher noch nie gegeben.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: