Von Judith Schicks: Brennendes Eis
Methanhydrate sind eine Energie-Option für die Zukunft, doch sie müssen noch erforscht werden, bevor gefördert werden kann
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Das Wissenschaftsjahr 2010 befasst sich mit der „Zukunft der Energie“. In den PNN stellen Wissenschaftler des GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) ihre Forschungsprojekte dazu vor.
Erdgas, also Methan, ist einer der wichtigsten Energieträger. Es steht aber einerseits nicht unbegrenzt zur Verfügung, und andererseits ergeben sich bestimmte Abhängigkeiten von den erdgasproduzierenden Ländern. Die Suche nach anderen Methanvorkommen wird daher weltweit betrieben. Eine spezielle Variante der Methan-Lagerstätten sind Methanhydrat-Vorkommen, die zu ihrer Entstehung zwar hohe Drücke, aber niedrige Temperaturen brauchen. In den Tiefen der Ozeane und den Permafrostgebieten der nördlichen Hemisphäre lagern große Mengen an Kohlenwasserstoffen in Form von Gashydraten, die eine mögliche Energiequelle für die Zukunft darstellen.
Gashydrate sind eisähnliche Verbindungen, die es buchstäblich in sich haben. Eingeschlossen in eine Käfigstruktur aus Wassermolekülen finden sich Gastmoleküle, beispielsweise leichtere Kohlenwasserstoffe. Natürliche Gashydrate enthalten überwiegend Methan, man spricht von Methanhydraten. Diese Gastmoleküle sind das, was der Energieverbraucher haben will. Ein Kubikmeter Gashydrat kann bei null Grad bis zu 164 Kubikmeter Gas enthalten. Die weltweite Verbreitung der Gashydrate lässt daher enorme Mengen Methan in den natürlichen Gashydratvorkommen vermuten. Der Anteil an Kohlenstoff in diesen Gashydraten wird auf etwa 10 000 Gigatonnen geschätzt und ist somit doppelt so hoch wie in den fossilen Brennstoffträgern Erdgas, Kohle und Erdöl zusammen.
Warum fördert man diese Gase also noch nicht in großem Maßstab? Gashydrate kommen in der Natur vorwiegend in Permafrostbereichen oder untermeerisch an Kontinentalhängen vor. Das hat ganz praktische wie auch unter Umständen dramatische Folgen: Gashydrate können die schlammigen Abhänge der untermeerischen Kontinentränder stabilisieren. Wenn nun infolge von Druckabnahme oder Temperaturzunahme, etwa bedingt durch die globale Erwärmung, die Gashydrate instabil werden, kann das auch zu einer Destabilisierung der Kontinentabhhänge führen, in die sie eingebettet sind. Das bekannteste Beispiel ist die Storrega-Rutschung vor der mittelnorwegischen Küste, wo in mehreren gigantischen Schüben vor etwa 7 000 bis 25 000 Jahren riesige untermeerische Abhänge abrutschten, vermutlich als die darin enthaltenen Gashydrate sich zersetzten. Mehrere Tsunamis wurden durch diese Hangrutschung ausgelöst und haben nachweislich Schottland und Island überrollt.
Das Verhalten von Gashydraten kann Einfluss auf das Klima nehmen, denn Methan ist ein stark wirkendes Treibhausgas. Umgekehrt kann aber auch eine Klimaveränderung Einfluss auf die weltweiten Gashydratvorkommen haben. Will man Methanhydrate als Energiequelle nutzen oder Abschätzen, wie stabil die natürlichen Gashydratvorkommen in Zukunft sein werden, muss man also sorgfältig ihre Eigenschaften studieren. Das geschieht am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ. Aus den Daten lassen sich dann Aussagen über Hydratvorkommen in der Natur und ihr Verhalten bei einer Veränderung ihrer Umgebungsbedingungen ableiten. Die Daten sind außerdem wichtig für die Entwicklung von Methoden zur Gewinnung von Gas.
Wissenschaftler des GFZ gingen im Winter 2001/2002 unter eisigen Bedingungen nach Mallik am nördlichen Rand der Northwestern Territories in Kanada und brachten dort drei Bohrungen nieder. Eine heiße Flüssigkeit wurde in eine der Bohrungen gepumpt. Dadurch wurde das Gashydrat zersetzt und das Methan gelöst. Die beiden anderen Bohrungen und die Erdoberfläche rund um die Bohrungen wurden mit Messapparaturen vollgepackt, um genau zu beobachten, was da im Untergrund vor sich ging. Dieser Test im tiefgefrorenen McKenzie-Delta zeigte erfolgreich, dass eine Produktion von Methan aus natürlichen Gashydraten prinzipiell möglich ist. Energetisch gesehen war allerdings das Verfahren nicht besonders effizient. Daher werden heute am GFZ neue Methoden zur Förderung von Gas aus Gashydraten entwickelt und getestet. Obwohl einige dieser Verfahren vielversprechend erscheinen, ist es noch ein weiter Weg, bis natürliche Gashydrate als Energiequelle genutzt werden können.
Die Autorin forscht in der Sektion Anorganische und Isotopengeochemie des GFZ
Judith Schicks
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