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Von Guido Berg: Brennstoffzelle für die Speicherstadt

Die Speicherstadt soll „CO2-neutrale Stadt“ werden – dank Kraft-Wärme-Kopplung vor Ort

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Templiner Vorstadt - Die Pläne für eine umweltschonende Energieversorgung der künftigen Speicherstadt werden konkreter: Vorgesehen ist ein stationärer Vor-Ort-Einsatz einer Hochtemperatur-Brennstoffzelle der Firma MTU Onsite Energy mit einer Leistung von 300 Kilowatt. Das Projekt der Speicherstadt GmbH wird zu 48 Prozent gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms (NIP) zur Förderung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Die Projektsteuerung und Koordination obliegt der bundeseigenen Firma NOW GmbH – dieNationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie.

Wie NOW-Chef Kai Klinder den PNN sagte, kostet die für die Speicherstadt gebaute Groß-Brennstoffzelle „fertig installiert rund zwei Millionen Euro“. Der Preis rechtfertige sich, da es sich um eine Demonstrationsanlage handele, wenn auch „um die effizienteste“. Die Brennstoffzelle ist Klinder zufolge von der Speicherstadt GmbH bereits bestellt worden und werde 2010 geliefert. Erst 20 dieser chemischen Energiewandler seien gebaut worden. In Potsdam wird es die erste Anlage sein, so Klinder. Die Technik befinde sich „auf dem Weg in den Markt“. Die Brennstoffzelle werde Herzstück des Gesamtkonzeptes „CO2-neutrale Stadt“ sein, das bundesweit erstmalig für die Speicherstadt umgesetzt wird. Dazu gehört eine höhere Energiedämmung der Gebäude, als vom Gesetzgeber gefordert. Im historischen Schinkelspeicher, der derzeit zur exklusiven Wohnnutzung umgebaut wird, wird etwa eine Dämmschicht aus einem Lehm-Kork-Gemisch eingesetzt.

Das Brennstoffzellen-Prinzip wurde 1838 zeitgleich von Christian Friedrich Schönbein und Sir William Grove entdeckt. Dabei wird chemische Energie im Zuge einer so genannten „kalten Verbrennung“ in elektrische Energie umgewandelt. Gebräuchlichste Brennstoffe sind Wasserstoff und Luftsauerstoff, die unter Abgabe von Elektroenergie und Wärme zu Wasser reagieren. Bisher im regulären Einsatz sind Brennstoffzellen in der Raumfahrt oder in militärischen U-Booten. Der Betrieb in Autos ist in der Testphase. In der Speicherstadt soll Klinder zufolge eine hochmoderne Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle eingesetzt werden, für die Biomethan als Brennstoff verwendet wird. Dafür sei eine Biogasanlage in Linthe (Potsdam-Mittelmark) geplant, in der aus landwirtschaftlichen Abfällen Biomethan in Erdgasqualität hergestellt wird. Dieses Biogas werde in das Gasnetz eingespeist. „In Linthe wird genau die Gasmenge ins Netz gepumpt, die von der Brennstoffzelle in der Speicherstadt verbraucht wird“, erklärte Klinder. Das funktioniere wie beim Ökostrom, bei dem der Ökostrom-Kunde zwar nicht materiell genau den Strom bekommt, den er bestellt, der aber weiß, dass der Ökostrom, den er verbraucht, auch produziert wird. Eine mit Biomethan betriebene Brennstoffzelle produziere zwar Kohlendioxid, dabei handelt es sich aber um genau die Menge, die zuvor von den in der Biogas-Anlage verwendeten Pflanzen aus der Luft aufgenommen wurde. Es wird kein zusätzliches Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben, wie das bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Erdgas der Fall ist. Auch der von der Brennstoffzelle in der Speicherstadt produzierte Ökostrom soll in das Potsdamer Stromnetz eingespeist werden.

Laut Klinder werde die Brennstoffzelle die Speicherstadt nicht nur mit Strom, sondern auch mit Wärme versorgen. „Das ist der Clou“, sagt Ingenieur Klinder, „künftig bringt die Brennstoffzelle die Kraft-Wärme-Kopplung in jedes Haus.“ Die Wärmeenergie entsteht in der Brennstoffzelle als Nebenprodukt der Stromerzeugung. Wird die Wärmeenergie genutzt, können Brennstoffzellen einen Wirkungsgrad von 90 Prozent erreichen. Bei der herkömmlichen Stromerzeugung sei ein Wirkungsgrad von 50 Prozent „bereits top“, erklärt der NOW-Chef. Der durchschnittliche Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung betrage gerade einmal 36 Prozent.

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