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Aus dem GERICHTSSAAL: Brutaler Kneipenüberfall

Jugendstrafen auf Bewährung für Rechtsorientierte

Stand:

Aus dem GERICHTSSAALJugendstrafen auf Bewährung für Rechtsorientierte Dietmar (19) und Michael (20) sind stramm „rechts“, machen auch während der Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht keinen Hehl aus ihrer Gesinnung. Mehrfach wird ihnen nahe gelegt, sich bei ihren Opfern zu entschuldigen. Doch die Potsdamer tun nichts dergleichen. Als eine 45-jährige Zeugin bei der Erinnerung an den Angriff der Schläger in Tränen ausbricht, amüsiert sich das Duo köstlich. Die Aufforderung, eindeutige Tätowierungen auf den Armen durch eine Jacke zu verbergen, quittieren die Skinheads mit der Äußerung „Nö, uns ist warm!“ Ziemlich heiß scheint es auch am 10. Mai 2003 im sachsen-anhaltinischen Städtchen Loburg zugegangen zu sein, als Dietmar und Michael zur dortigen Neonazi-Szene stießen, mit mehreren Gesinnungsgenossen die Gaststätte „Bei Hasso“ überfielen. Dass die kleine Kneipe Treffpunkt autonomer Jugendlicher ist, wollen die Potsdamer nicht gewusst haben. „Wir wollten nur Bier trinken“, erklären die zum damaligen Zeitpunkt schon gut angetrunkenen Angeklagten, seien jedoch von den langhaarigen männlichen Gästen als Faschos beschimpft worden. „Wir haben sie daraufhin als Zecken bezeichnet“, so Michael. „Ein Wort gab das andere. Plötzlich haben sich alle geprügelt“, fasst der bereits wegen Gewaltdelikten Vorbelastete die Situation zusammen. Laut Anklage trat er auch mit Springerstiefeln auf ein wehrlos am Boden liegendes Opfer ein, zertrümmerte einen Barhocker. Sein Mittäter Dietmar soll einem der misshandelten jungen Gäste zudem gedroht haben: „Ich schieße dir zwei Kugeln in den Kopf. Morgen bist du tot! „Das war eine ganz normale Wirtshausschlägerei“ redet der Lehrling das Geschehen klein. Die der linken Szene zugehörigen Opfer – sie erlitten Platzwunden, Prellungen und haben noch heute Angstzustände – sehen das anders. Die Angeklagten und ihre Kumpels seien schon mit der Absicht ins Lokal gekommen, sie aufzumischen, erzählen sie im Zeugenstand. Zudem sei dem Wirt von den Rechten die einhellige Botschaft gesandt worden, „seine Zeckenkneipe dichtzumachen und sich zu verpissen“. Das Gericht unter Vorsitz von Rita Franke hat genug gehört. Das Urteil: Ein Jahr Jugendstrafe für Michael, acht Monate Jugendstrafe für Dietmar, jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem haben sie je 300 Eure Geldbuße zu zahlen. Gabriele Hohenstein

Gabriele Hohenstein

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