Landeshauptstadt: Buchen und Eichen statt Autotypen und Schauspieler
Uta Denecke will Schüler mehr für ihre Umwelt begeistern: Potsdamer „Stadtkinder“ unterrichtet sie in der Waldschule
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Uta Denecke will Schüler mehr für ihre Umwelt begeistern: Potsdamer „Stadtkinder“ unterrichtet sie in der Waldschule An ihren neuen Titel kann sich Uta Denecke nur schwer gewöhnen. Seit kurzem heißt sie „Beraterin für ökologische Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit“. Ganz gewaltig klinge der Name – und er sei so lang, findet sie. Das Schulamt hat sich die Bezeichnung überlegt. Bisher nannte sich Uta Denecke kurz Koordinatorin für Umweltbildung. „Getan habe ich da das gleiche wie jetzt“, sagt sie. Die Biologielehrerin an der Bruno-Rehdorf-Schule kümmert sich darum, dass Umwelt in allen Potsdamer Schulen regelmäßig ein Thema ist. Das könne ganz unterschiedlich aussehen. „Zur Umwelt zähle ich nicht nur Tiere und Pflanzen. Auch Beziehungen der Menschen untereinander gehören dazu, mit denen sich die so genannten Eine-Welt-Projekte beschäftigen“, sagt Uta Denecke. Natur pur sei aber ihr Hauptanliegen. Mehrmals im Monat fährt sie mit Schulklassen in die Waldschule im Wildpark. Dort gibt es Biologieunterricht zum Anfassen. „Viele Stadtkinder können sämtliche Autotypen und Schauspieler aufzählen. Aber sie scheitern, wenn sie eine Buche von einer Eiche unterscheiden sollen“, ärgert sie sich. „Es ist einfach wichtig, dass Schüler die Natur hautnah erleben können und nicht nur im Lehrbuch anschauen“, sagt Uta Denecke. Gerade erst hat sie eine 13. Klasse des Espengrund-Gymnasiums durch den Wald geführt. Bei einem ökologischen Praktikum haben sie Pflanzen gesammelt und bestimmt. Andere haben nach kleinen Tieren Ausschau gehalten. Eine dritte Gruppe hat den pH-Wert des Bodens gemessen. Es sei ganz anders als im Unterricht, sagt Nora Kalsow, eine der Schülerinnen. „Schon die Luft ist viel angenehmer und man ist viel näher an den Sachen dran, die man sonst nur theoretisch kennt.“ Manche Klassen hätten bei der Sommerhitze sogar freiwillig auf Hitzefrei verzichtet, als sie erst einmal im Wald waren, erzählt Uta Denecke. Weil die Natur einmalig ist, seien die Schüler so fasziniert, glaubt sie. Heute stehe der technische Fortschritt zu sehr im Vordergrund. Dabei müsse man sich viel stärker um die Natur kümmern. „Man nehme nur mal die Fotosynthese. Es gibt einfach keine Technik, die sie ersetzen kann“, erklärt sie. Deshalb setzt sich die Lehrerin auch dafür ein, dass Klassen regelmäßig Umweltprojekte durchführen. Einmal im Jahr organisiert sie die Umwelttage, einen Wettbewerb, bei dem Schüler diese Projekte vorstellen. „Das steigert die Motivation. Erst recht, wenn es Preisgelder gibt.“ Das war in diesem Jahr möglich, weil die Mittelbrandenburgische Sparkasse das Vorhaben unterstützt hat. „Es ist wichtig, dass Schüler Natur nicht nur mit dem Kopf, sondern mit allen Sinnen erfahren können“, sagt Susanne Ganz, Leiterin des MBS-VermögensCenters am Luisenplatz in Potsdam. Wie das gehen kann, zeigt Uta Denecke in der Waldschule. Wenn Kinder da sind, spielt sie mit ihnen am liebsten „Blinde Raupe“. Dabei müssen alle ihre Schuhe ausziehen, sich die Augen verbinden und sich an den Händen fassen – wie bei einer Polonäse. Nur der erste hat die Augen auf und weiß, wohin der Weg geht. Erst über eine Wiese, dann über stachligen Waldboden und weiches Moos und zum Schluss noch über glitschiges Laub. „Die Kinder können so fühlen, wie unterschiedlich die Natur ist“, sagt die Lehrerin. Erfolgreich sei sie, wenn sie sieht, wie begeistert die Schüler sind. Manche würden am liebsten gar nicht mehr aus dem Wald heraus. Die Klasse vom Espengrund-Gymnasium ist deshalb auch noch eine Weile geblieben und hat in einer Hütte gegrillt. Denn eine Erfahrung haben die Schüler auch gemacht: So ein Tag im Wald kann ganz schön hungrig machen. bb
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