Homepage: Bücher statt Pferde
Ehemalige Reithalle der Villa Ingenheim wird Bibliothek des MGFA / Am Freitag Eröffnung
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Für Pferde bleibt in der Reithalle der Villa Ingenheim an der Zeppelinstraße kein Platz mehr. Das Gebäude ist vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) mit einem Aufwand von 2,7 Millionen Euro zu einer modernen Bibliothek ausgebaut worden, die am Freitag eröffnet wird (14 Uhr). Dazu ist auch die Öffentlichkeit eingeladen, denn die mit 250 000 Bänden größte militärhistorische Bibliothek im deutschsprachigen Raum schottet sich keineswegs ab, sondern steht jedermann kostenlos zur Nutzung offen.
Architekt Mark Braun wird die Besucher durch den denkmalgeschützten Bau führen. Das äußere Bild der Reithalle auf dem einst von Kaisersohn Prinz Eitel Friedrich von Preußen bewohnten Gelände ist einschließlich der Dachform erhalten worden. Ein moderner Funktionsbau für Büros und Magazin wurde vom Altbau räumlich und optisch klar abgesetzt und kontrastiert mit ihm durch seine schlichte Architektur. Das Innere der Halle wurde vollständig entkernt und ein Zwischengeschoss eingezogen. Dies war die Voraussetzung dafür, dass die Mehrzahl der Bücher nun in Freihandaufstellung unmittelbar zugänglich ist.
Frei zugänglich sind allerdings nur die nach 1900 erschienenen Titel, erklärt der kommissarische Bibliotheksleiter Ralf Schöttler. Wer ältere Werke einsehen will, muss sie sich aus dem Magazin holen lassen. Handelt es sich um Raritäten, wird er in eine Glaskabine gebeten, die im Erdgeschoss spezielle klimatische Bedingungen für den Erhalt dieser Schätze sichert. Nicht alle Bestände sind in Potsdam untergebracht, sondern ein beträchtlicher Teil in Strausberg, wo es einen ebenfalls auf diese Weise klimatisierten Lesesaal gibt. “Den Kompromiss mussten wir eingehen, nachdem wir uns statt für einen Neubau für den Ausbau der denkmalgeschützten Reithalle entschieden, begründet dies Dr. Bruno Thoß, Leiter der Abteilung Forschung am MGFA.
Per Kurier kann jedoch die Mehrzahl der Titel für Potsdamer Nutzer herangeholt werden. Thoß stellt klar, dass die Einrichtung primär Fachbibliothek für die Bundeswehr und das Amt selbst ist. Man wolle sich aber immer mehr der Allgemeinheit öffnen. Die Bestände sind bereits zu einem erheblichen Teil elektronisch erfasst worden und damit auch über das Internet recherchierbar. Diese Arbeit werde durch derzeit zehn Bibliothekare fortgesetzt. Aufgebaut wurde eine elektronische Informationsplattform mit über 7000 Zeitschriften, Datenbanken und Volltexten.
Bruno Thoß weist auch darauf hin, dass das MGFA mit seiner Bibliothek den neuen, deutschlandweit einzigen Masterstudiengang „Military Studys Militärgeschichte/Militärsoziologie“ unterstützen kann, der ab Wintersemester von der Universität Potsdam, dem MGFA und dem Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr in Strausberg angeboten wird.
Schon die bisherige, beengt untergebrachte Bibliothek zählte jährlich 3000 Nutzer. Ralf Schöttler hofft auf eine deutliche Steigerung. Der enge Kontakt zur Öffentlichkeit drückt sich auch darin aus, dass ihr Erben immer wieder Buchnachlässe übereignen. „Sie wissen die Sammlungen ihrer Vorfahren bei uns in guten Händen“, so Dr. Thoß. „Wir bekommen unter anderem persönliche Tagebücher oder Aufzeichnungen von Soldaten als wichtige Quellen für die Forschungen zur Alltagsgeschichte der Kriege.“ Die Schenkungen tragen dazu bei, dass sich der Buchbestand jährlich um etwa 2000 bis 3000 Titel vergrößert.
Ebenso hoch liegt die Anzahl der Anfragen. Die Produzenten von historischen Filmen zählen zu den Fragestellern, Autoren, miltärhistorisch interessierte Laien oder Anverwandte, die nach dem Regiment ihres Großvaters fragen. „Auch wenn wir keine Personalunterlagen im Bestand haben, sie werden vom Freiburger Archiv aufbewahrt, versuchen wir in jedem Fall mit Hinweisen zu helfen“, erklärt der MGFA-Forschungsleiter. Nach den größten „Schätzen“ der Bibliothek befragt, gibt er eine erwartete und eine überraschende Antwort. Natürlich seien dies die frühneuzeitlichen Titel, so aus der berühmten Sammlung von Hans Bleckwenn, die nicht nur wichtige Quellen, sondern auch ein hochwertiges Kulturgut darstellen. Zum anderen weist Bruno Thoß aber auf die vom Militärgeschichtlichen Institut der DDR übernommenen Altbestände hin. Eine solche, teils slawischsprachige, Sammlung könne keine andere Bibliothek aufweisen. Sie sei für die Forschungen zur Militärgeschichte des Warschauer Paktes von höchster Bedeutung. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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