Landeshauptstadt: Bürgerhaushalt ausgebremst
Stadtverordnete sagen Workshop ab / Uni-Studie: Bürger kritisieren mangelnde Information
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Die Querelen um Potsdams Bürgerhaushalt gehen weiter: Im nicht-öffentlichen Teil der Stadtverordnetenversammlung wurde am Mittwochabend der seit Wochen für den morgigen Sonnabend geplante Workshop zum Bürgerhaushalt abgesagt. Der Grund: Die Fraktionen von SPD, CDU und Grünen hatten sich mit je nur einem Vertreter angemeldet – angeblich, weil bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Tagesordnung vorlag – , die Linkspartei.PDS jedoch mit acht. „Für meine Fraktion brauche ich den Workshop nicht – wir wissen, was wir wollen“, sagte gestern dazu PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg auf PNN-Anfrage. „In Übereinstimmung“ hätten sich die Stadtverordneten dann geeinigt, den Workshop abzusagen, so Scharfenberg.
Die geringe Beteiligung der anderen Fraktionen sei „ein schreiender Widerspruch“ zu den im Vorfeld geführten Debatten, meinte der PDS-Fraktionschef. Dabei hatten Vertreter von SPD, CDU und Grünen betont, dass ein Konzept für die Beteiligung der Potsdamer an der Finanzplanung der Verwaltung notwendig sei. Dazu war bereits eine Arbeitsgruppe gebildet worden, der morgige Workshop sollte Klarheit über das künftige Verfahren bringen. Und noch gestern Morgen teilte der Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen mit, man habe „hohe Erwartungen“ an den Workshop, an dem ursprünglich der größte Teil der Stadtverordneten teilnehmen sollte.
Offenbar fehlt aber nun die Dringlichkeit: Wegen der Umstellung des Haushalts vom so genannten kammeralen System auf die „Doppik“ – sie ähnelt einer Unternehmensbilanz – hatte der Finanzbeigeordnete Burkhard Exner (SPD) vorgeschlagen, die Bürger zum Haushalt 2007 nur zu informieren. Eine Bürgerbeteiligung stelle im Zusammenhang mit der Umstellung des Haushalts eine zu große Belastung dar. Der nächste Bürgerhaushalt soll erst für das Jahr 2008 stattfinden.
Dies steht im Widerspruch zu den Ergebnissen einer Studie der Universität Potsdam. Sie hat unter anderem ergeben, dass zwei Drittel der befragten Potsdamer bereits sind, am Haushalt mitzuwirken. Sie bemängeln jedoch mangelnde Informationen der Stadtverwaltung. Diese Kritik war bereits beim Bürgerhaushalt für das Jahr 2006 deutlich geworden: Nur 30 Potsdamer hatten sich aktiv an den drei von der Verwaltung veranstalteten Foren beteiligt; 96 Bürgervorschläge waren eingegangen. Über den Umgang mit den Vorschlägen herrschte jedoch Unklarheit. Schlussendlich lehnten die Stadtverordneten die Forderungen der Bürger nahezu geschlossen ab – zu diesem Zeitpunkt war der Potsdamer Haushalt schon beschlossen. Die PDS hatte aus diesem Anlass die Stadtverwaltung beschuldigt, eine wirkliche Einflussnahme der Bürger nicht zu wollen. Gestern sagte Fraktionschef Scharfenberg zudem, die Beteiligung der Universität am Bürgerhaushalt sei „keine Selbstverständlichkeit“. Er habe immer wieder nachfragen müssen. So blieb letztendlich auch unklar, ob Vertreter der Uni beim nun abgesagten Workshop ihre Studie überhaupt vorstellen sollten.
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