Landeshauptstadt: Busse und Bahnen sollen erneut stillstehen
Arbeitskampf im öffentlichen Nahverkehr droht. Verkehrsbetrieb warnt Gewerkschaft vor Blockaden
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Harte Zeiten für rund 80 000 Fahrgäste, die täglich in Potsdam mit dem Bus oder der Straßenbahn fahren: Im öffentlichen Nahverkehr in der Landeshauptstadt und im Umland drohen in den nächsten Tagen weitere Warnstreiks. Selbst ein unbefristeter Arbeitskampf ab Mai wird nicht mehr ausgeschlossen. Betroffen wären jeweils auch rund 70 000 Fahrgäste im Landkreis Potsdam-Mittelmark.
Eine Einigung in dem Tarifkonflikt ist nicht in Sicht. Nach einem weiteren Treffen mit den Arbeitgebern sagte der Verhandlungsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Marko Pavlik, den PNN am Donnerstag: „Das bisherige Angebot der Arbeitgeber ist eine Kampfansage – wir können gar nicht anders, als erneut zu Warnstreiks aufzurufen.“ Diese sollen vor der nächsten Verhandlungsrunde am 30. März stattfinden – also vermutlich in der kommenden Woche. Anders als beim ersten Warnstreik in Potsdam, bei dem die ViP-Mitarbeiter am 24. Februar kurzfristig ab den frühen Morgenstunden die gesamte Stadt lahmlegten, wolle man diesmal mindestens einen Tag vorher über den geplanten Ausstand informieren, sagte Pavlik. Beim ersten Warnstreik war die Gewerkschaft erst am Abend vorher an die Öffentlichkeit gegangen. Das hatte für viel Kritik gesorgt, weil besonders Schüler nicht zum Unterricht kamen.
Pavlik sagte, die frühzeitigen Informationen seien auch ein Test: Denn Verdi befürchtet, dass die Unternehmen die Busse und Bahnen aus den Depots holen und von angemieteten Fahrern steuern lassen können, wenn die Firmen zeitig genug von den Streiks wissen. Sollte das passieren, werde man die Streikbedingungen wieder verschärfen, kündigte Pavlik an. Ohnehin würden weitere Warnstreiks neue Eskalationsstufen beinhalten – unter anderem hätten Arbeitgeber angekündigt, etwaige Blockaden ihrer Betriebshöfe von derPolizei auflösen zu lassen. Der Chef des Potsdamer Verkehrsbetriebs (ViP), Martin Grießner, sagte den PNN, tatsächlich würde eine Blockade des Betriebshofs den Tatbestand der Nötigung erfüllen – der Arbeitgeber müsse eine solche Form des Streiks also nicht akzeptieren. „Unsere Hauptaufgabe ist es, für unsere Fahrgäste ein Angebot vorzuhalten“, so Grießner.
Hintergrund sind die schwierigen Tarifverhandlungen zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und knapp 20 Nahverkehrsunternehmen in Brandenburg, darunter der Potsdamer Verkehrsbetrieb und die für den Landkreis zuständige Beelitzer Verkehrs- und Servicegesellschaft. Verdi will für die Beschäftigten unter anderem eine pauschale Erhöhung der monatlichen Entgelte um mindestens 120 Euro erreichen – und zwar rückwirkend ab Anfang dieses Jahres. Besonders die Mitarbeiter in unteren Entgeltgruppen müssten deutlich mehr Geld erhalten – so bekämen neu eingestellte Busfahrer nur rund 1800 Euro brutto. Zudem verlangt Verdi, dass der Vertrag nur zwölf Monate gelten soll. Dagegen haben die Arbeitgeber Tarifsteigerungen von bis zu 3,2 Prozent in zwei Jahresschritten und eine Einmalzahlung von 150 Euro für 2015 angeboten. Dies entspreche aber nur rund 30 bis 40 Euro mehr pro Monat, rechnete Verdi-Mann Pavlik vor. „Wir fühlen uns durch dieses Angebot provoziert, man will uns offensichtlich in die Urabstimmung und einen Arbeitskampf drängen.“ Dagegen sagte der Verhandlungsführer Klaus Klapproth vom Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV), trotz der finanziellen Not der Unternehmen habe man sich dazu entschlossen, Tariferhöhungen anzubieten – trotz der chronischen Unterfinanzierung des öffentlichen Nahverkehrs im Land Brandenburg.
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