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Landeshauptstadt: Charlize“ Mission in Sanssouci: Retten, was von der Welt übrig ist

Im Schlosspark fiel die erste Klappe für den Hollywood-Film „Aeon Flux“

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Im Schlosspark fiel die erste Klappe für den Hollywood-Film „Aeon Flux“ Würde sie nicht beim Namen gerufen, niemand würde sie erkennen. Pechschwarz und kurz die Haare, eine Kappe mit schwarzem Tuch tief ins Gesicht gezogen, hautenge glänzende Stiefel mit halsbrecherischen Absätzen an den Füßen, eine futuristische Rüstung aus schwarzem Plastik am Körper: So steht Oscar-Gewinnerin Charlize Theron im Schlosspark Sanssouci vor der Kamera. Es ist Montag, und es ist der erste Drehtag für „Aeon Flux“, den neuesten Hollywood-Film von Studio Babelsberg. Ihre Zelte aufgeschlagen hat die Filmcrew rund um die Bildergalerie. Ihr erster Arbeitstag hat in aller Frühe begonnen. Schon um drei Uhr nachts waren Kameras und Ausrüstung ausgepackt, kurz nach Mitternacht wurden die Komparsen abgeholt und zum Drehort gefahren. Sie verleihen dem schmalen, von grünen Hecken gesäumten Schlossparkweg tatsächlich ein futuristisches Aussehen: Die Frauen tragen Kleid, Strumpfhose und Schuhe Ton in Ton in derselben knalligen Farbe, mal Gelb, mal Pink, mal Orange. Nirgendwo zu sehen sind Alltäglichkeiten wie Schnürsenkel oder Knöpfe – alles vernäht, abgedeckt, passé, denn „Aeon Flux“ spielt in der Zukunft, in 400 Jahren. Die Männer haben schlichte Hosen an, Sakkos dazu, aber eben ohne Knopfleiste. Manche Frau trägt ein buntes, asiatisch aussehendes Sonnenschirmchen, andere schieben sehenswerte Kinderwagen: Sie erinnern an kleine Nussschalen auf drei Rädern, mit runden Formen, in gedeckten Farben. Kostümiert ist die Komparsenschar, die am Nachmittag wegen der Nacht fast ohne Schlaf schon ziemlich ermattet am Wegesrand steht, tatsächlich bis in die Haarspitzen – den Männern hat man im Studio Babelsberg das Haar akkurat futuristisch gestutzt, den Damen es in asymmetrischen Formen frisiert. Zu betrachten sind die Menschen aus der Zukunft am besten, wenn sie im Einsatz sind. Dazu müssen sie sich an einer Wegekreuzung versammeln, warten, bis Kamera, Ton, Licht stimmen, die Klappe gefallen ist. Dann bilden sie langsam durch Park spazierend den Hintergrund für Hauptdarstellerin Charlize Theron – die lautstark, so dass es weit über die Hecken schallt, zum Einsatz gerufen wird: „Charlize!“ Sie kommt prompt, im ein wenig uneleganten Tippelschritt wegen der hohen Absätze und des engen, schwarzen Anzugs. Die Szene ist schnell gedreht. Charlize Theron alias Aeon Flux eilt den Weg entlang, in Richtung Bildergalerie, um sie herum die Parkbesucher in scheinbarer Idylle. Wohl eine Einstellung zum Eingewöhnung, denn dem Hollywood-Star steht Anstrengendes bevor. Wie Comic-Vorbild „Aeon Flux“ wird Charlize Theron in den nächsten Wochen die Welt retten müssen – streng nach Drehbuch. Mit einem Akrobaten vom „Cirque de Soleil“ soll die 29-Jährige sich in Berlin, wo sie für den Dreh auch wohnt, auf die Rolle vorbereitet haben, die von ihr auch körperlich einiges abverlangt: Aeon Flux lebt in einer Welt, in der Seuchen den Großteil der Menschheit vernichtet haben – mit Ausnahme des sehr gut bewachten Stadtstaates namens Bregna, der von einer Gruppe von Wissenschaftlern geführt wird. Aeon Flux ist die Topagentin der Untergrundbewegung „Monican“ und erhält den Auftrag, den Vorsitzenden der Wissenschaftlergruppe zu töten. Doch als sie ihre Mission erfüllen will, kommt sie Geheimnissen auf die Spur, die alles in Frage stellen, was sie bisher zu wissen glaubte. Aber nicht nur die Geschichte des Films ist pure Science Fiction – er soll auch so aussehen, und dazu werden nicht nur die passenden Kostüme gebraucht. Welche waghalsigen Aktionen die Schauspieler – oder notfalls die Stuntdoubles – absolvieren müssen, wird bei einem Blick auf den zweiten Potsdamer Drehort deutlich: Im Volkspark im Bornstedter Feld sind nicht nur verkrüppelte Bäume und rauchende Tonnen aufgestellt worden. Über die Pyramidengärten und das Rosenband sind Seile gespannt, an denen Charlize Theron problemlos über den Park gleiten kann – der mit den Augen der Filmleute gesehen tatsächlich wie ein Werk aus ferner Zukunft wirkt. Eine der Brücken über die Wälle wurde an der Unterseite mit Schienen ausgestattet, in die sich Stuntleute mit Händen und Füßen einhaken und so kopfüber unter der Brücke wie eine Katze entlangkrabbeln können. Eine weitere futuristische Drehkulisse hat die Babelsberger „Aeon Flux“-Crew in Berlin gefunden: das neue Tierheim in Hohenschönhausen. Dafür, dass überhaupt in Potsdam und der Bundeshauptstadt nach Drehorten für „Aeon Flux“ gesucht wurde, ist Henning Molfenter verantwortlich. Der Produktionschef von Studio Babelsberg Motion Pictures hat bereits im vergangenen Jahr mit dem US-Studio Paramount über „Aeon Flux“ verhandelt, den Rundum-Service aus Babelsberg angeboten, die Produktion nach Potsdam geholt. „Es ist ein Film, der hundertprozentig zu uns passt“, sagt Molfenter. „Ein guter Mix aus Originalkulissen und Studiodreh, viel Arbeit für Kostüm, Requisite und Art Department.“ Das ist schon an diesem ersten Drehtag im Schlosspark gut zu sehen – allein die Freude, einmal einen Blick auf Charlize Theron erhaschen zu können, hält sich bei den Sanssouci-Besuchern in Grenzen. Die meisten schauen zwar neugierig, aber glauben nicht, dass sie tatsächlich die schöne, blonde Oscar-Gewinnerin vor sich haben könnten. Denn zu erkennen ist sie eben nicht.

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