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Aus dem GERICHTSSAAL: Chef des Autohauses als Verkehrsrowdy? Freispruch vom Vorwurf der Unfallflucht

Setzt sich der Inhaber eines großen Autohauses mit mehreren Filialen im Potsdamer Umland und rund 100 Mitarbeitern selbst ans Steuer eines Abschleppwagens? Düst er ungerührt davon, nachdem er beim Ausparken ein kleines Fahrzeug beschädigt hat?

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Setzt sich der Inhaber eines großen Autohauses mit mehreren Filialen im Potsdamer Umland und rund 100 Mitarbeitern selbst ans Steuer eines Abschleppwagens? Düst er ungerührt davon, nachdem er beim Ausparken ein kleines Fahrzeug beschädigt hat? Das ist lebensfremd, konstatierte der Verteidiger und forderte Freispruch für seinen Mandanten. Der hatte allerdings bei der Polizei zugegeben, den gelben Abschlepp-Laster zur Mittagszeit des 13. September 2006 tatsächlich gefahren zu haben. Während der Verhandlung vor dem Amtsgericht widerrief Wilhelm W.* (68) diese Aussage. Zwei Verhandlungstermine setzte Richterin Monika Holk an. Dann sprach sie den Mann vom Vorwurf der Unfallflucht, bei der ein Fremdschaden von 1860 Euro entstand, frei.

„Für diesen Abschleppwagen gibt es einen festen Fahrer. Der war zum fraglichen Zeitpunkt allerdings im Urlaub“, berichtete Wilhelm W. Da die Schlüssel für die diversen Fahrzeuge für alle Angestellten zugänglich seien, käme praktisch jeder als Unfallverursacher in Frage. „Ich war es aber nicht.“ Die Vorsitzende blätterte in der Akte. „Im Einsatzbericht der Polizei steht, Sie hätten sogar mehrmals betont, den Wagen gefahren zu haben. Auch als Sie von den Beamten darauf hingewiesen wurden, sich nicht falsch zu bezichtigen, um eine drohende Durchsuchung Ihrer Geschäftsräume zu verhindern, sollen Sie bei Ihrer Aussage geblieben sein. Wollten Sie jemanden decken?“

Wilhelm W. schwieg auf diese Frage, versicherte allerdings: „Später, bei der Beschuldigten-Vernehmung, habe ich geäußert, dass ich keine Angaben zu dem Vorwurf mache und meinen Anwalt sprechen will.“

Augenzeugin Claudia C.* (40) notierte sich nach dem Crash geistesgegenwärtig das Kennzeichen des davonfahrenden Lasters, sah schemenhaft eine männliche Person auf dem Fahrersitz. Ob es der Angeklagte war, vermag sie nicht zu sagen. „Ich glaube allerdings, dass der Fahrer den Anstoß bemerkt haben muss. Er hat zuerst angehalten, dann Gas gegeben“, so die Bürokauffrau am ersten Verhandlungstag.

Beim zweiten Termin überreichte der Verteidiger von Wilhelm W. der Vorsitzenden die Erklärung eines derzeit in Süddeutschland tätigen Bauleiters. Er versichert, sich am 13. September vorigen Jahres gegen 12 Uhr mit dem Angeklagten in Zossen getroffen zu haben. Erst habe man gemeinsam zu Mittag gegessen, dann Einzelheiten zum geplanten Bau einer weiteren Filiale besprochen. Gegen 16 Uhr sei Wilhelm W. wieder gefahren.

„Selbst wenn sich der Angeklagte bei der Polizei selbst belastet hat, reicht das nicht aus, ihn der Tat zu überführen“, so Richterin Holk. Das sah der Staatsanwalt ebenso (*Namen geändert). Hoga

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